14.06.2005
Freiheit und Dienst - nach dem Mauerbau 1961-1969
Der 13. August 1961 – die Errichtung der Mauer zwischen den beiden deutschen Staaten und in Berlin – bedeutete für die kirchliche Arbeit in der Kirchenprovinz einen tiefen Einschnitt.
Bis zu diesem Datum war es selbstverständlich gewesen, den freien Übergang zwischen den Berliner Sektoren für die Kontakte von Gemeinden ebenso wie für die gemeinsame Arbeit deutsch-deutscher kirchlicher Gremien zu nutzen.
Der Bischof der KPS konnte mit seinem Dienstwagen durch das Brandenburger Tor zu Leitungssitzungen nach Berlin-Charlottenburg fahren. Das war nun ausgeschlossen; Begegnungen und Beratungen mussten in Ostberlin stattfinden, konnten aber leicht durch Grenzmaßnahmen der DDR behindert werden.
Besonders belastend war die Situation im Sperrgebiet an der westlichen Staatsgrenze der DDR. Der Grenzstreifen (5 km-Zone) konnte nur mit Sondererlaubnis betreten werden; Verwandtenbesuch aus dem Westen durfte nicht einreisen. Auch die Besetzung von Pfarrstellen im Sperrgebiet war nur mit besonderer staatlicher Erlaubnis möglich.
Mit der Errichtung der Mauer wurde der private Reiseverkehr von DDR-Bürgern nach der Bundesrepublik zunächst total unterbunden; ab 1964 gab es eine Sonderregelung für Menschen im Rentenalter. Man wartete dann sehnsüchtig darauf, 60 bzw. 65 Jahre alt zu werden, um endlich „in den Westen“ reisen zu können.
Die Abgrenzungspolitik der DDR behinderte auch die Zusammenarbeit der ostdeutschen Landeskirchen mit der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD). Gemeinsame Tagungen der EKD-Synode und des Rates der EKD waren nicht mehr durchführbar. 1968 entschieden sich die ostdeutschen Gliedkirchen dazu, ihre gesamtkirchliche Arbeit durch die Gründung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) zu verselbständigen. Trotzdem wurde aber die „besondere Gemeinschaft“ mit der EKD und den einzelnen Partnerkirchen weiter gepflegt.
1963 verabschiedeten die Landskirchen in der DDR einen Grundsatz-Text: 10 Artikel von Freiheit und Dienst der Kirche. Darin wurde zur freien Verkündigung des Evangeliums in der DDR ermutigt, zugleich aber gegen die ideologische Überfremdung des gesellschaftlichen Lebens energisch protestiert.
Nach der Einführung der Wehrpflicht in der DDR gab es anhaltende Diskussionen um die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Die DDR trug dem – als einziger Staat im Verbund des Warschauer Paktes – insofern Rechnung, als ein waffenloser Wehrdienst innerhalb der Nationalen Volksarmee (Bausoldaten) eingerichtet wurde. Dies war ein Kompromiss, es entsprach nicht dem Zivildienst in der Bundesrepublik. Die Entscheidung für den Bausoldatendienst erforderte Zivilcourage, weil dies häufig mit Benachteiligungen in Ausbildung oder Beruf verbunden war. Bischof Johannes Jänicke erarbeitete in diesen Jahren mit einem Ausschuss die richtungweisende Handreichung für die Seelsorge an Wehrpflichtigen (1965).
Professor Dr. Harald Schultze (Magdeburg), ehemaliger Beauftragter der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung Sachsen-Anhalt