21.03.2022
Religionsvertreter rufen gemeinsam zum Frieden in der Ukraine auf | Treffen von Kirchen und Rabbinern in Frankfurt
Mit dem dringenden Appell, den Krieg in der Ukraine zu beenden, ist heute Nachmittag (21. März 2022) das diesjährige Treffen von Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz mit Mitgliedern der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland (ARK) und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) in Frankfurt am Main zu Ende gegangen.
Unter den fortgesetzten Bombenangriffen auf Wohngebiete, Schulen und Krankenhäuser leide vor allem die Zivilbevölkerung, die zu Tausenden aus ihrer Heimat vertrieben und zur Flucht in andere Landesteile oder in die Nachbarländer gezwungen wird. Der nun schon mehr als drei Wochen dauernde Krieg richte sich gegen die Ukraine, treffe aber ganz Europa.
Beeindruckt zeigten sich Rabbiner und Kirchenvertreter von der tatkräftigen Solidarität mit den Flüchtlingen aus der Ukraine. „Durch die jüdischen Gemeinden geht eine Welle der Hilfsbereitschaft“, sagte der Frankfurter Rabbiner Julian-Chaim Soussan (ORD). „Neben Gemeindeleitungen und Organisationen sind es oft Einzelne oder einzelne Gruppen, die sich spontan engagieren.“ Er bittet sehr darum, dass dieses Engagement in den nächsten Monaten nicht nachlässt. Denn „die Flüchtlinge brauchen auch weiterhin unsere Unterstützung. Wir dürfen sie nicht allein lassen“.
„Es geht nach mehr als drei Wochen des Blutvergießens nicht um das Erreichen von Positionen, sondern um ein Ende des Krieges!“, sagte Rabbiner Andreas Nachama, der Vorsitzende der ARK. „Es ist jüdische Tradition vor der letzten Zeile zum Beispiel des 18-Bitten-Gebetes, in dem eben von Frieden gesprochen wird, drei Schritte zurückzugehen, denn nur wenn man auch seine Position verändert, kann man zum Frieden beitragen. Mögen die, die über die Beendigung des Kämpfens entscheiden, sich dies zur Devise machen.“
In dem mehrstündigen Gespräch wurden auch Fragen der Friedens- und Konfliktethik erörtert.
„Waffen sind kein Mittel, um Frieden zu schaffen“, sagte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. „Allenfalls können sie zur Abschreckung von Aggressoren dienen, die sich nicht um Völkerrecht scheren und verbrecherische Angriffskriege anzetteln wollen. Oder sie dienen zur Selbstverteidigung als letztes Mittel in einem solchen Krieg. Der Krieg Putins gegen die Ukraine stellt ganz Europa vor die Frage, wie das unermessliche Elend, das dieser Krieg produziert, so schnell wie möglich beendet werden kann und wie sich solche Kriege künftig verhindern lassen. Dazu dürfen auch wir Kirchen mit unserer klaren Stimme für den Frieden nicht schweigen“, so Kurschus.
Krieg sei immer eine Niederlage der Humanität, ergänzte Bischof Ulrich Neymeyr (Erfurt). „Wer ihn mutwillig auslöst, begeht ein Verbrechen vor Gott und den Menschen. Völlig unannehmbar sind daher alle Versuche, dem Krieg eine religiöse Legitimation zu geben.“ Er hoffe weiterhin, dass der Patriarch von Moskau seinen Einfluss nutze, um die russische Regierung zur Beendigung des Krieges zu bewegen.
Entsetzt äußerten sich die Kirchenvertreter und Rabbiner über jüngste Angriffe auf Menschen russischer Herkunft und auf russische Einrichtungen in Deutschland. Keine Russin und kein Russe dürfe, so die einhellige Überzeugung, für die Politik der russischen Regierung haftbar gemacht oder gar stigmatisiert werden.
Seit 2006 treffen sich Vertreter der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland (ARK) und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) mit Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD einmal jährlich zu einem ausführlichen Meinungsaustausch, an dem auch das Präsidium des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit teilnimmt.