27.07.2018
Diakonie Katastrophenhilfe fordert Umdenken bei Syrienhilfe | Evangelisches Hilfswerk 2017 mit deutlich höheren Spendeneinnahmen
Berlin (epd). Das Auswärtige Amt sollte nach Ansicht der Diakonie Katastrophenhilfe in Syrien humanitäre Hilfe auch für die von der Regierung kontrollierten Gebiete zulassen. "Hier fordern wir von der Bundesregierung ein Umdenken", sagte der Leiter des evangelischen Hilfswerks, Martin Keßler, am Donnerstag in Berlin.
Er gab zu bedenken, dass das Hoheitsgebiet des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad wachse und nach sieben Jahren Krieg die Menschen ausgezehrt seien. Auch wenn mit einer Embargopolitik politische Ziele verfolgt würden: "Man muss irgendwann die Realität anerkennen."
Mittel des Auswärtigen Amtes könne das Hilfswerk derzeit "nur für die extrem schwierige und riskante Arbeit in den Rebellengebieten beantragen", führte Keßler aus. Dagegen finanziere das Ministerium Hilfe in den Regierungsgebieten ausschließlich über die Vereinten Nationen beziehungsweise das Rote Kreuz oder den Roten Halbmond. Doch die UN seien "immer wieder wochenlang lahmgelegt, weil andere Geber ihren Verpflichtungen nicht nachkommen". Er fügte hinzu: "Wir würden diese Lücke gerne füllen."
Die Diakonie Katastrophenhilfe arbeitet laut Keßler in Syrien mit christlich-orthodoxen Partnern vor allem im Zentrum des Landes zusammen. Das Hilfswerk achte dabei sehr darauf, dass die Unterstützung nur an die wirklich Bedürftigen gehe und die syrische Regierung keinen Einfluss darauf nehme. Er selbst sei im März in die Provinzen Homs und Hama gereist. Dort lebten Menschen "in notdürftigsten Unterkünften in Zelten und Ruinen". Unzählige Syrer kämen nicht durch Bomben, sondern wegen einfacher Krankheiten ums Leben. Fast 70 Prozent der Bevölkerung gelten als extrem arm.
Insgesamt hat die Diakonie Katastrophenhilfe nach eigenen Angaben seit Beginn des Krieges fast 60 Millionen Euro für Flüchtlinge aus Syrien bereitgestellt und sich vor allem auf deren Versorgung in den Nachbarstaaten konzentriert.
Ein weiterer Schwerpunkt des Hilfswerks war im vergangenen Jahr die Hungerkrise in Ostafrika. Für diese Region seien 2017 auch die meisten Spenden eingegangen. Insgesamt seien deutlich mehr Spenden eingegangen als ein Jahr zuvor. So lag laut Hilfswerk das Spendenaufkommen 2017 bei mehr als 27 Millionen Euro - das waren fast 30 Prozent mehr als im Vorjahr. 2016 waren es noch gut 21 Millionen Euro.
Keßler wies auf die schwierige Lage im Südsudan hin. Dort hätten Helfer große Probleme, zu den Notleidenden zu gelangen. Sie befänden sich häufig mitten im Kampfgebiet, wo die Hilfskonvois schlicht nicht durchkämen. Früher habe man da noch mit Kriegsparteien verhandeln können: "Es gab einen gewissen Respekt." Doch heute werde auch die Zivilbevölkerung als Faustpfand genommen. Aktuell litten im Südsudan mehr als sieben Millionen Menschen an akuter Nahrungsmittelknappheit, eine Million mehr als im vergangenen Jahr.
Insgesamt habe die Diakonie Katastrophenhilfe 2017 in 42 Ländern Hilfe geleistet und dafür etwa 43 Millionen Euro bereitgestellt. Dazu gehörten auch Einsätze in Somalia, der Demokratischen Republik Kongo und Bangladesch. 130 Projekte seien neu bewilligt worden.
Einen starken Rückgang verzeichnete die Diakonie Katastrophenhilfe 2017 indes bei den Einnahmen aus öffentlichen Zuwendungen von der Bundesregierung, der Europäischen Union und den Vereinten Nationen. Diese lagen demnach mit rund 17 Millionen Euro mehr als 40 Prozent niedriger als im Jahr zuvor. Das liege vor allem daran, dass 2016 ein sehr starkes Jahr gewesen sei. Die Gesamteinnahmen des Hilfswerks seien zurückgegangen: Von knapp 60 Millionen Euro im Jahr 2016 auf knapp 55 Millionen Euro im Jahr 2017.
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