27.08.2024
Diakonie-Präsident besucht Demokratieprojekte

Erfurt (epd). Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch hat eine gesellschaftliche Stärkung von Demokratieprojekten in Deutschland angemahnt.

Es sei nicht hinzunehmen, dass sich Menschen nicht mehr trauen, etwa in der Geflüchtetenberatung zu arbeiten, sagte Schuch am Montag in Erfurt zum Auftakt einer fünftägigen Sommerreise durch Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen. Gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden der Diakonie Mitteldeutschland, Oberkirchenrat Christoph Stolte, traf sich Schuch unter anderem mit Demokratieberaterinnen im Erfurter Augustinerkloster.

Der Diakonie-Präsident betonte dabei, es sei gekommen, um zuzuhören. Und was er gehört habe, mache ihn nachdenklich. „Uns wurde von den Beleidigungen und der Gewalt berichtet, denen die Mitarbeiterinnen in den Demokratieprojekten seitens der rechten Szene tagtäglich ausgesetzt sind“, berichtete er.

Mit Blick auf die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am kommenden Sonntag, sagte Schuch, ihm sei es unverständlich, dass es einem Drittel der Bevölkerung in den beiden Ländern offenbar egal sei, eine anerkannt rechtsextremistische Partei zu wählen. Die Demokratie dürfe nicht einfach so über Bord gekippt werden, warnte er und warb dafür, seine Stimme einer Partei aus dem demokratischen Spektrum zu geben.

Schuch sagte weiter, er habe sich während seiner Sommerreise zum Ziel gesetzt, vor allem „Basiscamps für Demokratiestärkung“ aufzusuchen. Auf eine ganz andere Art sei das auch das „Jesus-Projekt“ im Erfurter Norden. Das Projekt in einem Erfurter Plattenbauviertel erreiche Menschen, die von der Gesellschaft als abgehängt betrachtet werden. Dorthin zu gehen, wo die Schwächsten Unterstützung benötigten, sei exakt der Auftrag von Diakonie und Kirche, betonte er. Diese Menschen wieder an die Mehrheitsgesellschaft heranzuführen, sei ein wichtiger Beitrag für die gelebte Demokratie im Land.

Der Vorsitzende der Initiative, Michael Flügge, sagte, das „Jesus-Projekt“ betreibe soziale Arbeit verbunden mit einem niederschwelligen Missionsangebot. In dem Stadtviertel lebten viele Familien mit Suchtproblematiken. Den Kindern werde oft genug nicht mehr vorgelebt, was es heiße, Struktur ins Leben zu bekommen. Es gehe dem Projekt und dem vielfältigen Kursangebot darum, zu helfen. Zugleich mache es die Klienten mit Jesus bekannt und ermutige sie, zum Glauben zu finden, wann immer sie dafür bereit seien.

Bislang nicht gehört wurde nach Flügges Worten allerdings sein Wunsch nach einer stärkeren Vernetzung mit den umliegenden Kirchengemeinden. Oftmals heiße es etwa zu Vorschlägen für eine gemeinsame Jugendarbeit, die Klientel des „Jesus-Projekts“ sei von ihrem Wesen und ihren Bedürfnissen her nicht so richtig mit den Jugendlichen in den Gemeinden kompatibel. Laut Flügge sollte Kirche aber für alle offen stehen. In vielen Fällen sei es, ungeachtet aller persönlichen Probleme, ja gerade der Glaube, der den Menschen in den Angeboten des Projekts Halt gebe.

Das „Jesus-Projekt“ ist eine sozial-diakonische Lebens- und Dienstgemeinschaft. Vor rund zwei Jahrzehnten gegründet umfasst die Kommunität heute rund zwei Dutzend Brüder und Schwestern, die größtenteils auch in dem Wohngebiet leben.

Diakonie-Präsident: Streitkultur statt Anfeindungen

epd-Gespräch: Bettina Markmeyer

Berlin (epd). Der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, sieht mit Sorge, dass Mitarbeitende des evangelischen Wohlfahrtsverbandes Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt sind. Schuch sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) zum Auftakt seiner Sommerreise nach Thüringen, Sachsen und Hessen, er wolle sich in den kommenden Tagen selbst ein Bild davon machen, welcher Art die Anfeindungen seien, mit denen Mitarbeitende in der Migrationsberatung und Flüchtlingshilfe konfrontiert seien.

Schuch machte deutlich, dass diese Art von Bedrohungen im Widerspruch stehe zu der hohen Anerkennung, die die diakonische Arbeit insgesamt genieße. Wie sehr diese geschätzt werde, habe er gerade erst bei der Feier zum 150-jährigen Bestehen der Diakonie in Dresden erfahren, erklärte Schuch, der in den kommenden Tagen unter anderem Einrichtungen in der sächsischen Landeshauptstadt, in Meißen und im thüringischen Erfurt sowie in Hessen besuchen wird.

Zu den bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sagte der Diakonie-Chef, er erwarte von den künftigen Landesregierungen eine politische Streitkultur, die es ermögliche, Probleme klar anzusprechen und hart um Lösungen zu ringen. Es sei zu erwarten, „dass sich in einer offenen politischen Auseinandersetzung populistische Lösungen dagegen nicht als zukunftsfähig herausstellen“ würden, erklärte Schuch mit Blick auf mögliche Mehrheiten für die AfD in den beiden Bundesländern.

Der Diakonie-Präsident warnte vor Einschnitten im Sozialen. In einigen Bereichen, etwa bei den Freiwilligendiensten, seien Kürzungen vorgesehen. „Ich finde das ausgesprochen bedauerlich“, sagte Schuch. Für 2024 seien die Träger von Freiwilligendiensten bereits in einer schwierigen Situation gewesen. Aufgrund der unsicheren Haushaltslage sei weiterhin kaum planbar, wie viele Menschen künftig einen Freiwilligendienst machen könnten. Dies treffe ausgerechnet diejenigen Engagierten, „die freiwillig ein Jahr für diese Gesellschaft geben wollen und sich zivilgesellschaftlich einbringen“, sagte Schuch: „Diese Menschen brauchen wir.“

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