02.06.2021
Die Franckeschen Stiftungen wollen Unesco-Weltkulturerbe werden

Halle (epd). Die Franckeschen Stiftungen in Halle starten einen zweiten Versuch, Weltkulturerbe der Unesco zu werden. 

Nach dem Rückzug in einem ersten Verfahren Anfang 2016 unterstütze Sachsen-Anhalt das Vorhaben voll, betonte Kulturminister Rainer Robra (CDU) am Dienstag in der Saalestadt. Das Land will für die neue Bewerbung in den kommenden drei Jahren etwa 187.000 Euro zur Verfügung stellen.

Hinter einem erfolgreichen Antrag steckt viel Arbeit und noch mehr Diplomatie. Warum ICOMOS, der Internationalen Rat für Denkmalpflege mit Sitz in Paris vor über fünf Jahren signalisierte, es mit der Bewerbung sein zu lassen, darüber könne er nur spekulieren, räumte Stiftungsdirektor Thomas Müller-Bahlke ein. Vielleicht habe es an der Konkurrenz der internationalen Mitbewerber gelegen, möglich auch, dass sich die Antragsteller zu sehr auf das Thema Waisenhaus kapriziert hätten.

Dieses Mal geht man die Sache mit einem größeren, universelleren Anspruch an, erklärte Müller-Bahlke. Der neue Welterbeantrag soll unter dem Thema „Bildung für Alle“ stehen. Robra sprach von „berechtigten Hoffnungen“, dass es so 2026 mit der Aufnahme in das Weltkulturerbe klappen könne.

Noch optimistischer drückte das Kulturstaatssekretär Gunnar Schellenberger aus: Franckes Idee sei aktuell wie je: Die bestmögliche Bildung aller Schülerinnen und Schüler nach Fähigkeit und Neigung zu ermöglichen, unabhängig von Stand und Vermögen ihrer Eltern. Diesen andauernden Auftrag werde der überarbeitete UNESCO-Antrag in den Mittelpunkt stellen. „Und wenn Sachsen-Anhalt etwas könne, dann Welterbe“, fügte er selbstbewusst hinzu.

In der Tat, mit sechs Welterbe-Stätten - dem Bauhaus in Dessau und mit Quedlinburg, dem Naumburger Dom und dem Wörlitzer Gartenreich, mit der Himmelscheibe von Nebra und den Luthergedenkstätten - trumpft das vergleichsweise kleine Bundesland schon heute groß auf. Mit den Franckeschen Stiftungen könnten es bald sieben sein.

Sie wurden 1698 als pietistisches Sozial- und Bildungswerk von dem evangelischen Theologen und Pädagogen August Hermann Francke (1663-1727) gegründet. In die barocke Schulstadt mit ihren über 50 Gebäuden wurden nach Angaben der Stiftungen seit der Wiedervereinigung etwa 157 Millionen Euro in die Sanierung des zu DDR-Zeiten abrissreifen Architekturensembles investiert. Dazu zählen neben landwirtschaftlichen Betrieben und einem Krankenhaus vor allem ein Waisenhaus, zahlreiche Schulen und Internate für Jungen und Mädchen, eine Bibliothek, eine berühmte Kunst- und Naturalienkammer sowie Wirtschafts- und Fürsorgebetriebe wie eine Apotheke, Labore und ein Verlag mit Buchdruckerei und Buchhandlung.

Erste Voraussetzung für eine finale Anerkennung als Welterbe ist in dem mehrstufigen Prozess die Aufnahme des Bewerbers auf eine nationale Warteliste. Auf dieser deutschen Tentativliste werden die Stiftungen bereits seit 1999 geführt. Seit 2015 ist auch Erfurt vermerkt. Mit ihrer Alten Synagoge und der Mikwe, einem jüdischen Ritualbad für Frauen, als Zeugnissen von Alltag, Religion und Geschichte erwartet die Landeshauptstadt dieser Tage die Visitatoren von ICOMOS.

epd-Nachrichten und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Sie dienen hier ausschließlich der persönlichen Information. Jede weitergehende Nutzung, insbesondere ihre Vervielfältigung, Veröffentlichung oder Speicherung in Datenbanken sowie jegliche gewerbliche Nutzung oder Weitergabe an Dritte ist nur mit Genehmigung der Verkaufsleitung von epd (verkauf@epd.de) gestattet.


Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem Laufenden.

Hier Abonnieren

Die besten News per E-Mail - 1x pro Monat - Jederzeit kündbar