28.05.2021
Drei Religionen unter dem Dach: Grundstein für "House of One" gelegt
Berlin (epd). Eine Kirche, eine Synagoge und eine Moschee unter einem Dach: Am Donnerstag ist in Berlin der Grundstein für das Drei-Religionen-Gebäude „House of One“ gelegt worden.
Der künftige Sakralbau mitten im Zentrum Berlins soll zur friedlichen Verständigung zwischen den Religionen beitragen. Das Gebäude aus gelben Sandsteinziegeln und mit einem 42 Meter hohen Turm soll ab 2024/2025 bezugsfertig sein. Weil die Initiative für das „House of One“ von Vertretern der Religionen selbst ausging, gilt das Projekt in dieser Art bislang als weltweit einzigartig.
Die feierliche Grundsteinlegung fand pandemiebedingt mit begrenzter Gästezahl statt und wurde live im Internet gestreamt. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bezeichnete das „House of One“ in einem Grußwort als „außergewöhnlich“, weil es „von Anfang an von Vertretern der drei abrahamitischen Religionen zusammen geplant wurde“. Die Grundidee sei theologisch anspruchsvoll, so Schäuble. Die Gläubigen dreier Religionen sollen sich hier begegnen, „offen andere spirituelle Perspektiven wahrnehmen in gegenseitigem Respekt“ und ohne die eigene Identität preisgeben zu müssen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) betonte, es sei ein „herausforderndes Projekt, aber auch eins mit großen Chancen für unsere Gemeinschaft“. Er rief dazu auf, die neuen Gesprächsmöglichkeiten, die sich durch das „House of One“ ergeben, „mutig und mit wechselseitiger Neugier“ zu nutzen. Es solle als Ort „gelebter Vielfalt und belebender Debatten“ entwickelt werden.
In einer Videobotschaft erklärte die Generalsekretärin der Organisation „Religions for Peace“ mit Sitz in New York, Azza Karam, das „House of One“ sei etwas „Bemerkenswertes für die gesamte Menschheit“ und könne einen Wendepunkt für das künftige Zusammenleben der Religionen markieren. Zuvor hatte Karam gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) das „House of One“ als „mutigen Akt“ bezeichnet. Idee und Präsenz des Sakralbaus seien in der heutigen Welt notwendig. Zugleich äußerte Karam die Hoffnung, dass das Berliner Projekt zu einer Normalisierung der religiös-inspirierten Verständigung zwischen Juden, Christen und Muslimen beiträgt.
Zu den Teilnehmern der feierlichen Grundsteinlegung zählten neben Pfarrer Gregor Hoberg, Rabbiner Andreas Nachama und Imam Kadir Sanci als Initiatoren und Repräsentanten des „House of One“ auch der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, der Rektor des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam, Rabbiner Walter Homolka, der Architekt Johannes Kuehn vom Berliner Büro Kuehn Malvezzi und der Vorsitzende des Verwaltungsdirektoriums „House of One“, Roland Stolte.
Bei der Feier wurden unter anderem der Architektenentwurf sowie Grußbotschaften aus aller Welt in eine Kapsel für den Grundstein eingelassen, die später auch vermauert werden soll. Die Baukosten für das „House of One“ werden mit 47,3 Millionen Euro veranschlagt. Aus öffentlichen Zuwendungen durch Bund und Land sowie durch private Spenden aus über 60 Ländern sind den Angaben zufolge bislang 40 Millionen Euro zusammengekommen.
"Geist des gegenseitigen Respekts" | Drei Fragen an Azza Karam von "Religions for Peace" zum "House of One" in Berlin
epd-Gespräch: Christine Xuân Müller
Berlin/New York (epd). In Berlin wird am Donnerstag der Grundstein für das Drei-Religionen-Gebäude „House of One“ gelegt. Es soll ein zentraler Anlaufpunkt für den multireligiösen Dialog zwischen Christen, Juden und Muslimen werden. Der Evangelische Pressedienst (epd) fragte die Generalsekretärin von „Religions for Peace“, Azza Karam, was das Berliner Projekt erreichen kann. Die Organisation mit Sitz in New York ist in 70 Ländern präsent und will mit dem interreligiösen Dialog Friedensarbeit leisten.
epd: Weltweit gibt es einige wenige Initiativen für eine Verständigung zwischen den Religionen. Wie ist das geplante „House of One“ in Berlin dabei einzuordnen?
Azza Karam: Es ist einzigartig für Deutschland und auch einzigartig für die meisten Länder. Die Idee und die Präsenz des „House of One“ ist in der heutigen Welt notwendig. Unsere Planet ist auch ein „House of One“ - größer und umfassender als irgendetwas anderes. Nur leider verhalten wir Menschen uns selten so. Deshalb ist die Bedeutung des „House of One“ in Deutschland und damit im leistungsstärksten Land Europas nicht zu unterschätzen.
Es ist ein mutiger Akt, aber auch ein Akt der gegenseitigen Zuwendung, wenn künftig die größten Glaubensgemeinschaften in Deutschland an einem Ort Gottesdienste feiern oder einfach nur zusammen kommen können, um sich gegenseitig jeweils aus ihrer spirituellen Tradition heraus zu inspirieren. Das „House of One“ in einem Land, das zwei Weltkriege erlebt hat und nun einen Raum der Verständigung zwischen Gläubigen schafft, ist unschätzbar wertvoll.
epd: Was sollte das Ziel des „House of One“ in Berlin sein?
Azza Karam: Es sollte für eine Normalisierung der religiös-inspirierten Verständigung zwischen Juden, Christen und Muslimen und ein wachsendes Verständnis für die gelebten Realitäten der Gläubigen sorgen. Ziel sollten auch gemeinsame spirituelle Feiern der drei Glaubenstraditionen sein. Es sollte ein Geist des gegenseitigen Respekts zwischen Deutschen und anderen Gläubigen entstehen. Die Einheit der Zivilgesellschaft kann hier vorgelebt werden und zu einer friedlichen Verständigung mit Menschen dienen, die keiner Glaubenstradition angehören.
epd: Kann eine Institution wie das „House of One“ auch als Friedensvermittler bei interreligiösen Konflikten auftreten?
Azza Karam: Das „House of One“ kann zu einer Normalisierung der multikulturellen Koexistenz zwischen den drei abrahamitischen Religionen in Deutschland beitragen. Und in diesem Zusammenhang kann es die Unterschiede zwischen den Religionen zeigen und zugleich offen sein für all diejenigen, die daran interessiert sind, zusammenzukommen und voneinander zu lernen. Und nicht zuletzt werden hoffentlich gemeinsame Initiativen zur Lösung von Konflikten beitragen.
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