07.06.2019
Ein Denkmal für Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft | Bundestag erinnert an die friedliche Revolution vor 30 Jahren
Berlin (epd). Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD dringen auf ein Denkmal zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland. In einem am Donnerstag im Bundestag erstmals behandelten Antrag mit dem Titel "30 Jahre Friedliche Revolution" wird die Bundesregierung aufgefordert, bis Ende des Jahres dafür ein Konzept vorzulegen.
In der Aussprache hoben Vertreter aller Fraktionen den Mut und die Leistungen der Ostdeutschen im Herbst 1989 hervor. Besonders gewürdigt wurden auch die Rolle der Kirchen während der friedlichen Revolution.
Im Antragstext von CDU/CSU und SPD wird der Weg nachgezeichnet von der entscheidenden Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig bis zur deutschen Wiedervereinigung. Wörtlich heißt es dort über die Rollen der Kirchen, diese hätten "Räume freien Denkens, offenen Diskurses und selbstbestimmten Handelns" geschaffen. Und weiter: "So wurde sie auch für Opposition und Widerstand zu einem unverzichtbaren Ort und Ausgangspunkt."
Weitere Forderungen aus dem Antrag an die Bundesregierung zielen auf die Entfristung der Rehabilitierungsgesetze und auf die Verbesserung der sozialen Lage anerkannter politisch Verfolgter. Auch soll die Möglichkeit der Einrichtung eines bundesweiten Härtefallfonds zur Entschädigung von SED-Opfern erwogen werden. Die Forschung über die Diktaturen des 20. Jahrhunderts in Deutschland und Europa solle gestärkt und das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal zügig auf den Weg gebracht werden.
Nach Überzeugung des Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Christian Hirte (CDU), ist die Mauer "nicht einfach umgefallen", sondern wurde von den Ostdeutschen aktiv zum Einsturz gebracht. Nicht eine Wende habe es damals gegeben, sondern eine friedliche Revolution, unterstrich der thüringische CDU-Parlamentarier. Den mutigen Akteuren von damals gelte Respekt und Dank, den Opfern der SED-Herrschaft müsse Hilfe und Anerkennung zuteil werden.
Für die Unions-Fraktion wandte sich die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann gegen Versuche der AfD, Begriffe und Symbole der friedlichen Revolution für sich zu vereinnahmen. Die rechtspopulistische Partei und die Ereignisse von 1989 hätten nichts miteinander zu tun.
Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) schilderte seine eigenen Erinnerungen an die dramatischen Tage im Herbst 1989 in Berlin. In der gespannten Stimmung dieser Tage sei die friedliche Demonstration mit 70.000 Menschen auf dem Leipziger Innenstadtring ein Signal des Aufatmens gewesen. Allerdings sei die folgende Zeit des Aufbruchs für viele Menschen auch eine Zeit des Umbruchs gewesen. Heute wie damals gehe es um gemeinsames Handeln in der Gesellschaft. Spaltung, Hetze und Intoleranz stünden dem entgegen.
Auch die sachsen-anhaltische SPD-Abgeordnete Katrin Budde erinnerte sich in der Debatte an ihre Erlebnisse während der entscheidenden Demonstrationen und Gebete. Dass inzwischen zu viele Menschen die Demokratie in Frage stellten, nannte Budde gefährlich: "Ich frage mich wirklich mit Schaudern, wann haben so viele Menschen die Angst vor der Diktatur verloren?"
Der AfD-Abgeordnete Tino Chrupalla nannte den Koalitionsantrag indes den Versuch einer Schadensbegrenzung, nachdem das Vertrauen der Wähler im Osten verlorengegangen sei. Chrupalla zog zudem Parallelen zwischen der Freiheitsbewegung von damals und der Situation heute. Die Widerstandskämpfer von heute seien die gleichen wie die Widerstandskämpfer von damals, sagte der sächsische Abgeordnete. "Hören Sie endlich auf, die Ostdeutschen wie unmündige Kinder zu behandeln", sagte Chrupalla an die Adresse der Bundesregierung gerichtet.
Die thüringische Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt bedankte sich bei all denjenigen, die diese friedliche Revolution in einer Zeit realisiert hätten, in der ein friedlicher Ausgang ungewiss gewesen sei.
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