20.12.2022
Hier Weihnachtskaffee, dort geschlossene Türen | Bahnhofsmissionen zu Weihnachten
Magdeburg/Halle (epd). Für die meisten Menschen ist Weihnachten ein Fest der Familie.
Mit Eltern, Geschwistern, Oma und Opa unter dem Christbaum, das ist dem gesellschaftlichen Wandel zum Trotz immer noch selbstverständlich - aber nicht für alle. Menschen ohne Obdach, aber auch Einsame finden an den Feiertagen vermehrt Zuflucht bei den Bahnhofsmissionen. Auch an den großen Bahnknotenpunkten in Sachsen-Anhalt bereiten sich die Verantwortlichen auf den weihnachtlichen Ansturm vor.
„Im Prinzip kommt alles - Einsame, Obdachlose“, bestätigt Gabriele Bolzek, stellvertretende Leiterin der Bahnhofsmission am Magdeburger Hauptbahnhof, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Am Heiligabend servieren die Mitarbeiter dort Grünkohl mit Kartoffeln und Knackwurst, je nach Spendeneingang gibt es auch ein kleines Geschenk für die Gäste. Ob der Weihnachtsmann vorbeikommt, sei aber noch offen.
Dabei sei der Andrang an den Weihnachtstagen größer als sonst. Darunter seien auch viele Gäste, die sonst nur manchmal vorbeikommen, sagt Bolzek. „Wir haben alle ordentlich was zu tun“, so die stellvertretende Leiterin der Einrichtung, die gemeinsam von evangelischer Diakonie und katholischer Caritas getragen wird. Dazu kämen noch die Menschen, die zufällig bei der Bahnhofsmission stranden - das seien die unterschiedlichsten Fälle, zum Beispiel Fahrgäste, die das falsche Ticket gelöst hätten. „Es kommen aber auch Gäste, die sonst nie da sind, weil ihnen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt“, sagt Bolzek. Dabei hat die Bahnhofsmission in Magdeburg am Heiligabend nur bis 14.30 Uhr geöffnet, an den beiden Feiertagen aber von 12 bis 18 Uhr.
Am Hauptbahnhof in Halle (Saale) gibt es hingegen am 24. Dezember den ganzen Tag über Programm. Von 8 bis 10 Uhr kommt dort der Friseur und schneidet bedürftigen Menschen kostenlos die Haare. Gleichzeitig gibt es ein Frühstücksangebot, sagt Leiterin Heike Müller. Ab 11 Uhr schließt sich ein Mittagessen an, zu dem auch weihnachtliche Posaunen- und Klarinettenmusik erklingt. Eine Andacht in der Bahnhofsvorhalle ist für 13.30 Uhr geplant. Beim anschließenden Kaffeetrinken kann es laut Heike Müller voll werden - dann kämen auch viele Besucher, die sonst eher selten da seien.
Das Klientel der weihnachtlichen Besucher seien vor allem sozial Schwache, Obdachlose oder Rentner. Menschen, die an Weihnachten einsam sind oder zufällig am stark frequentierten Hauptbahnhof in Halle stranden, seien dagegen eher selten unter den Gästen. Am Heiligabend öffnet die Bahnhofsmission ausnahmsweise bis in den Nachmittag hinein, an den beiden Feiertagen stehen die Mitarbeiter von 7 bis 14 Uhr bereit. An beiden Weihnachtstagen gibt es jeweils bis 13 Uhr Frühstück. Gestemmt wird dieses Angebot des Evangelischen Kirchenkreises Halle-Saalkreis neben zwei Festangestellten von rund 20 ehrenamtlichen Helfern. „Ohne sie würde das nicht funktionieren“, betont Müller.
Ganz anders sieht es dagegen am dritten Bahndrehkreuz im Norden des Landes aus: Die Bahnhofsmission am Stendaler Hauptbahnhof schließt am 23. Dezember, sagt Leiterin Manuela Krüger. „Der Gästestrom ist nicht so groß. Nur ab und zu kommen Leute, die auf einen Zug warten“, erzählt sie im Gespräch. Per Aushang habe sie zu einer Andacht an Weihnachten eingeladen, aber das Interesse sei - wie auch im vergangenen Jahr - sehr gering gewesen.
Auch seien viele Mitarbeiter derzeit krank, sodass die Einrichtung des Evangelischen Kirchenkreises Stendal vor kurzem sogar für zwei Wochen ganz geschlossen werden musste, berichtet Krüger. Insgesamt sechs Mitarbeiter, bis auf die Leiterin alle im Ehrenamt, kümmern sich in der Altmark um Hilfsbedürftige - doch für Weihnachten reichen die Kapazitäten offenbar nicht aus.
Von Oliver Gierens (epd)
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