18.09.2021
Kramer weist Vorwurf der Wort- und Tatenlosigkeit zurück
Gera (epd). Der mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer hat Vorwürfe zurückgewiesen, die evangelische Kirche sei in der Corona-Krise „abgetaucht“.
Vielmehr habe sich etwa seine Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) in der Krise als eine der vitalsten Organisationen erwiesen, sagte er am Donnerstagabend in Gera. Kramer hatte dort an einer Diskussion „Gott, Corona und die Kirchen“ der Ökumenischen Akademie teilgenommen.
Die undifferenzierte und pauschale Kritik von Thüringens früherer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) habe ihn enttäuscht, sagte Kramer. Die Pfarrerinnen und Pfarrer hätten „auf Spaziergängen und über den Gartenzaun“ in Seelsorge und Verkündigung für „großes Kino“ gesorgt. Lieberknecht saß wie auch der ehemalige Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Gerhard Wegner, mit Kramer auf dem Podium im Gemeindehaus St. Elisabeth.
Kramer räumte ein, es habe Einzelfälle von Menschen gegeben, die unbegleitet dem Tod entgegengetreten seien. Insbesondere in den eigenen kirchlichen Einrichtungen seien Seelsorge und Sterbebegleitung - wo sie überhaupt unterbrochen gewesen wären - aber schnell wieder hergestellt worden. „Natürlich haben wir über unsere Kanäle auf die Politik eingewirkt“, erklärte der Bischof. Es sei aber geraten gewesen, die Verunsicherung in der Gesellschaft nicht noch durch öffentliche Kritik und Forderungen zu verstärken.
Von der ostdeutschen Kirche werde mit Blick auf ihre DDR-Geschichte ein besonders widerständiges Verhalten erwartet. Dem habe man auch genügt. „In Sachsen, Thüringen und Brandenburg fanden im Mai 2020 wieder die ersten Gottesdienste statt“, erinnerte der Geistliche.
Lieberknecht, selbst ordinierte Pfarrerin, erneuerte in moderateren Tönen ihre Kritik. Das schöne Wort zu Weihnachten „Fürchtet Euch nicht!“ sei ihr zu spät gekommen, sagte sie. Die Pandemie zeige wie unter einem Brennglas den Bedeutungsverlust von Kirche, der mit einer generellen Abnahme von Empathie in der Gesellschaft einhergehe.
Ähnlich äußerte sich Wegner. Die Kirchen hätten Angebote zur gemeinsamen Klage verpasst. Ein bundesweiter Gedenkgottesdienst sei erst auf Anregung des Bundespräsidenten zustande gekommen. Hier hätte es viel früher Angebote der Kirche wie nach der Flutkatastrophe geben müssen.
Derartige Angebote habe es lokal gegeben, erwiderte Kramer. Anders als bei der Flut handelt es sich bei der Corona-Pandemie aus seiner Sicht nicht um eine existenzielle Krise. Die Krankheit treffe eine Minderheit schwer, was andererseits die relativ hohen Zufriedenheitswerte der Deutschen trotz Pandemie erkläre.
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