27.07.2023
Migrationsberatung: Bund plant Kahlschlag
Für die verschiedenen Angebote der Migrationsberatung stehen mit dem Entwurf des Bundeshaushaltes 2024 Kürzungen von 30 Prozent bis 50 Prozent im Raum.
Zu erwartende Kostensteigerungen für den Betrieb der Beratungsstellen und die Entlohnung des Fachpersonals könnten die Finanzierungslücken noch vergrößern.
Grob geschätzt würden die reduzierten Mittel 2024 nur reichen, um vielleicht noch die Hälfte des Angebotes diakonischer Arbeit in der Migrationsberatung und der Unterstützung für Migrantinnen und Migranten in Sachsen-Anhalt und Thüringen fortzuführen. Das bedeutet, das ganze Landkreise künftig ohne Migrationsberatungsstellen sein werden. Das grundlegende Beratungsangebot, das die Integration vor Ort begleitet, verschwindet von der Landkarte. Die Konsequenzen scheiternder Integration werden vor allem in den Städten und Kommunen spürbar sein und zu Lasten der Ratsuchenden gehen.
Christoph Stolte, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Mitteldeutschland: „Hier wird abstrus der Kahlschlag auf frisch angepflanzten Feldern geplant.“ Denn es gibt einen steigenden Beratungsbedarf, der sich aus dem Chancenaufenthaltsrecht, politisch forcierter Fachkräftezuwanderung und Änderungen im Einbürgerungsrecht ergibt. Stolte: „Das ist doch absurd: die Aufgaben der Migrationsberatung werden sukzessive erweitert und gleichzeitig soll das Beratungsprogramm zusammengestrichen werden!“
Für die Angebote der Diakonie in Sachsen-Anhalt und Thüringen trifft das neben neun Beratungsstandorten auch die ausschließlich von der Diakonie vorgehaltenen Psychosozialen Zentren (je Bundesland ein Zentrum) mit ihren Asylverfahrensberatungen für Traumatisierte. Hier droht eine Kürzung um 50 Prozent. „Die psychologische Versorgung ist in unseren Bundesländern schon allgemein nicht ausreichend. Menschen mit Kriegs-, Folter- und Fluchterfahrungen bekommen dann künftig noch weniger Unterstützung.“, erklärt Christoph Stolte.
Die Zahl der Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt und Thüringen im ersten Halbjahr 2023 ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen und hat Werte erreicht, die über dem Niveau von Asylerstanträgen vor der Corona-Pandemie liegen. (Sachsen-Anhalt 2022 insgesamt 5.602 Asylerstanträge; 1. Halbjahr 2023: 5.039; Thüringen 2022 insgesamt 5.190 Asylerstanträge; 1. Halbjahr 2023: 3.918.)
Die Zahl der Menschen, die in den kommenden Jahren Unterstützung in aufenthalts- und sozialrechtlichen Fragen, Unterstützung bei Behördenkontakten, Wohnungssuche, Sprachkurse, Schul- und Kitaplätze, ärztliche Versorgung, Begleitung bei der Arbeitsmarktintegration (berufliche Bildung, Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Bewerbungen) brauchen, steigt absehbar. Christoph Stolte: „Kürzungen im Bereich der Integrationsförderung sind unverantwortlich. Diese Angebote haben eine Schlüsselfunktion für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt.“