17.04.2024
Rechtsextreme Einstellungen in Thüringen stark angestiegen
Erfurt (epd). Seit 2022 hat sich einer Studie zufolge die Zustimmung zu rechtsextremen Einstellungen in Thüringen von zwölf auf 19 Prozent erhöht.
Der Anteil an rechtsextremen Einstellungen schließe damit im Jahr 2023 wieder an den langjährigen Durchschnittswert an, um den er seit Ende der 2000er-Jahre schwanke, sagte die Politikwissenschaftlerin an der Universität Jena, Marion Reiser, am Dienstag in Erfurt bei der Vorstellung des aktuellen „Thüringen Monitor“. Damit stehe fest, dass der während der Corona-Pandemie erkennbare Rückgang, nur zeitlich begrenzt war.
Insbesondere Aussagen zu einem starken Nationalgefühl und fremdenfeindliche Ansichten erleben Reiser zufolge einen starken Anstieg. Für 59 Prozent der Befragten stehe fest, dass die Bundesrepublik durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße „überfremdet“ sei.
Der „Thüringen Monitor“ wird seit 2000 jährlich im Auftrag der Landesregierung erhoben. Für die diesjährige Befragung wurden zwischen dem 11. September und dem 25. November Telefoninterviews mit 1.063 wahlberechtigten Thüringerinnen und Thüringern geführt.
Neonationalistische Einstellungsmuster, die eine Diktatur oder Antisemitismus befürworteten, unterstützen demnach weiterhin nur etwa drei Prozent der Thüringer Bevölkerung. So befürworteten beispielsweise zwei Drittel der Befragten die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte nach Deutschland, sagte Reiser. Selbst unter den Personen mit rechtspopulistischen Einstellungen hießen die Hälfte eine solche Zuwanderung ebenso wie eine bessere Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte gut. „Die Ergebnisse sprechen dafür, dass fremdenfeindliche Vorbehalte vornehmlich dann abgebaut werden könnten, wenn die ökonomischen Vorteile für die Region und den Wirtschaftsstandort Thüringen deutlich aufgezeigt werden“, sagte Reiser.
Auch ist die Unterstützung der Demokratie als Staatsform laut Studie weiterhin hoch. 88 Prozent aller Thüringerinnen und Thüringen stimmten der Aussage zu, sie sei die Beste aller Staatsformen. Stark gesunken sei allerdings die Zufriedenheit mit der Praxis der Demokratie. Seit 2020 sei für diesen Wert ein Rückgang um 23 Prozentpunkte auf nur noch 45 Prozent festzustellen.
Analog sei auch das Vertrauen in die Bundes- und Landesregierung gesunken. Nur noch 15 Prozent der Thüringer gaben an, dass sie der Bundesregierung ihr Vertrauen schenkten. Für die Landesregierung liege dieser Wert bei 30 Prozent. Wie in den Vorjahren zeigten sich zwei Drittel der Befragten der Studie zufolge überzeugt, dass „die Herrschenden gegen die Interessen des einfachen Volkes“ handelten. Gefühle der Benachteiligung und der Furcht vor einem Statusverlust beförderten die Hinwendung zu rechtspopulistischen oder rechtsextremistischen Einstellungen.
Für Reiser ist diese Unzufriedenheit auf die Auswirkungen der Vielfachkrise aus Kriegen, Klimawandel und Inflation zurückzuführen. Sie resultiere aber auch aus aktuellen Herausforderungen in der Arbeitswelt. So werde der Fachkräftemangel in Thüringen als allgegenwärtig empfunden. Vier von fünf Thüringerinnen und Thüringer spürten ihn im Alltag, etwa bei der Suche nach Handwerkern oder Pflegekräften.
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