04.12.2019
Thüringen-Monitor zeichnet "ambivalentes Stimmungsbild": Langzeitstudie zeigt Rekordwert bei Demokratie-Zufriedenheit und mehr Zustimmung für rechtsextreme Positionen

Erfurt (epd). Noch nie war die Zufriedenheit der Thüringer mit der Demokratie im Land so groß wie in diesem Jahr. 90 Prozent der 1.100 Wahlberechtigten, die von Ende Mai bis Anfang Juli für den Thüringen-Monitor nach ihren politischen Ansichten befragt wurden, sehen in der Demokratie die beste Regierungsform, sagte am Dienstag die Jenaer Politikwissenschaftlerin Marion Reiser in Erfurt.

Auch die Zufriedenheit mit der demokratischen Praxis erreichte mit 63 Prozent wieder einen hohen Wert, fügte die Professorin hinzu. Selbst das Vertrauen in die Polizei (73 Prozent) und die Landesregierung (43 Prozent) erreichten nach ihren Angaben historische Höchststände.

Andererseits hätten viele weiterhin Kritik an den Eliten und der Politik artikuliert, weil diese ihre Interessen nicht repräsentieren würden. Die Hälfte (49 Prozent) der Thüringer fühle sich durch Westdeutsche als "Menschen zweiter Klasse" eingeschätzt - obwohl es 80 Prozent der Befragten nach eigener Aussage finanziell gutgeht, führte Reiser aus. Noch schlimmer gerät nach Reisers Angaben das Bild, wenn es um extreme Einstellungen geht. Die Zustimmung zu antisemitischen und rechtsextremen Positionen ist in Thüringen laut der Langzeitstudie im Vergleich zu 2018 stark angestiegen.

Insgesamt zeige sich weiter ein "ambivalentes Stimmungsbild", hieß es von den Wissenschaftlern. Über die Gründe könnten sie nur vermuten. Wahrscheinlich, so Reiser, hätten Menschen mit rechtsextremen Ansichten eine andere Vorstellung von Demokratie. "An die Stelle universaler Teilhabe an der Gesellschaft tritt bei ihnen ein ethnisch geprägtes Demokratiekonzept, das auch auf den Ausschluss bestimmter Gruppen etwa wegen ihrer Herkunft setzt", sagte die Politologin. Zur weiteren Klärung des Phänomens bedürfe es aber weiterer Forschungen, für die künftige Ausgaben des Monitors die Datenbasis liefern könnten.

Im Fokus der diesjährigen Ausgabe stand das Thema "Gesundheit und Pflege". Auch hier habe die Befragung erstaunliche Befunde zutage befördert, sagte Reiser. So seien vier von fünf Befragten mit ihrer eigenen Gesundheit sowie der medizinischen Versorgung in Thüringen und in Deutschland insgesamt zufrieden. Diese überraschende Einschätzung habe sich auch bei den Antworten auf Detailfragen gezeigt. So waren 76 Prozent mit der Versorgung mit Hausärzten sehr oder ziemlich zufrieden. Das gleiche gilt laut Studie für die Erreichbarkeit des nächsten Krankenhauses (93 Prozent) oder einer Apotheke (99 Prozent). Bei gesundheitspolitischen Maßnahmen befürworten 98 Prozent die Einrichtung von Gesundheitszentren, mehr Vorbeugung (95 Prozent) und mehr Medizin-Studienplätze (93 Prozent).

Selbst eine Anwerbung von Pflegekräften und Medizinern sei von 77 Prozent und laut Reisers Aussage "deutlich mehr als in den Vorjahren" unterstützt worden. Breitere Skepsis riefen bei den befragten Thüringern indes Videosprechstunden hervor. Für die Förderung der Telemedizin konnten sich nur 42 Prozent der Befragten erwärmen. Schlechte Noten gebe es auch für die Versorgung mit Fachärzten, die mit 48 Prozent fast von jedem zweiten befragten Thüringer bemängelt wurde.

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