08.11.2021
Thüringer Regionalbischöfin wirbt für offene Kirchen
Weimar/Nordhausen (epd). Nach der Schändung der Frauenbergkirche in Nordhausen will die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) am Ziel möglichst vieler offener Gotteshäuser festhalten.
Die Chancen, die mit den frei zugänglichen Kirchen verbunden seien, würden die unbestreitbaren Risiken überwiegen, sagte die in der mitteldeutschen Kirche für das Thema zuständige Ostthüringer Regionalbischöfin Friederike Spengler dem Evangelischen Pressedienst (epd). Vor Wochenfrist hatte ein 25jähriger Afghane Mobiliar aus der unverschlossenen Frauenbergkirche getragen sowie eine Vitrine und ein Kruzifix zerstört. Für sein Handeln führte der junge Muslim religiöse Gründe an.
Es sei richtig, dass die Kirchengemeinde den Fall zur Anzeige gebracht habe. Wenn sie dem Rechtsstaat die Möglichkeit gebe zu ermitteln, entlaste sich die Gemeinde auch selbst und schaffe Raum für Versöhnung, sagte Spengler. Es sei wichtig gewesen, dass Gemeindepfarrer Klemens Müller die etwa 40 afghanischen Männer, Frauen und Kinder, die am Mittwoch zu einem Versöhnungsbesuch in die Kirche gekommen waren, auf die tiefe Verletzung der Gemeinde hinwies, aber auch, dass ihre Entschuldigung angenommen wurde.
Etwa ein Drittel der gut 4.000 Kirchen auf dem Gebiet der mitteldeutschen Kirche seien inzwischen tagsüber frei zugänglich. „Da ist noch Luft nach oben“, sagte die Regionalbischöfin vor dem Hintergrund des für das Reformationsjubiläum 2017 ausgegebenen Ziels, 95 Prozent der Kirchen offen zu halten. Die EKM versuche, die Kirchengemeinden für das Thema zu erwärmen, in dem sie etwa einen Zuschuss für die nötigen Versicherungen zahle. Die Schadensregulierungen der vergangenen Jahre zeigten, dass nur in Einzelfällen das Prinzip des offenen Hauses missbraucht worden sei.
Als Frau eines Ortspfarrers habe sie selbst lange eine Kirche tagtäglich auf- und wieder zugeschlossen. Wie nötig dieses Angebot sei, zeigten vier mit der Zeit vollgeschriebene dicke Gästebücher mit Kommentaren wie „Vielen Dank, dass ich hier sein durfte“, berichtete Spengler. Gerade in der Corona-Krise hätten sich offene Kirchen als letzte öffentliche Zufluchtsorte erwiesen.
Es nütze wenig, wenn die mit großem Einsatz und vielen finanziellen Mitteln des Denkmalschutzes sanierten Kirchen nur als hübsche Schmuckschatullen dienten. Besser sei, wenn sie mit ihrer großartigen Architektur zu den Menschen sprächen. Nicht wenige fassten so Vertrauen, öffneten sich Geistlichen oder kämen zu einem Gottesdienst wieder, sagte Spengler.
epd-Gespräch: Dirk Löhr
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