05.10.2021
Varatharajah folgt Kolbe beim "Wartburg-Experiment"

Eisenach (epd). Beim „Wartburg-Experiment“ anlässlich des 500. Jahrestages der Bibel-Übersetzung durch Martin Luther (1483-1546) ist am Montag der Schriftsteller Senthuran Varatharajah auf der Veste eingezogen.

Er folgt auf Uwe Kolbe, der nach einem Monat die Wartburg verließ, erklärte eine Sprecherin der Stadt Eisenach. Zusammen mit der Internationalen Martin Luther Stiftung (IMLS) und der Deutschen Bibelgesellschaft hatte die Stadt neben den beiden Autoren auch Iris Wolff zur „Zwiesprache mit der Lutherbibel“ auf die Burg eingeladen.

„Mehr als tausend Jahre Burg, und der Stein wächst“, sagte Kolbe in einem ersten Fazit. Das Experiment an Kopf und Seele entfalte seine Wirkung über den Aufenthalt hinaus. Dabei habe sich ihm die Anziehungskraft der Wartburg abseits des touristischen Blickes erschlossen. „Hier herrschte die Macht der Poesie, hier war Gott gegenwärtig“, sagte der Lyriker.

„Die Bibel ist für mich immer noch der erste Text - in jeder Hinsicht“, erklärte Varatharajah, der in den 1980er Jahren mit seinen Eltern aus Sri Lanka nach Deutschland gekommen war. Er habe Deutsch anhand der Bibel gelernt, das Verhältnis zur Bibel präge seine Arbeit als Schriftsteller bis heute. „Ich freue mich darauf, das Gespräch mit dem ersten und letzten Text an dem Ort, an dem Luther einen Teil daraus übersetzt hatte, weiterführen zu dürfen“, sagte der Romancier.

Wie Kolbe hält er sich tagsüber direkt neben Luthers Schreibstube auf und versucht einen inneren Dialog mit dessen Übertragung des Neuen Testaments aus dem Griechischen ins Deutsche. Der Reformator hatte die Ende 1521 begonnene Übertragung nach nur elf Wochen vollendet.

500 Jahre Bibelübersetzung durch Martin Luther

Von Dirk Löhr (epd)

Eisenach (epd). Der Reformator Martin Luther (1483-1546) übertrug zwischen Weihnachten 1521 und Frühjahr 1522 auf der Wartburg bei Eisenach das Neue Testament ins Deutsche. Der Reformator wurde seit dem 4. Mai 1521 vom sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen auf der Veste versteckt, nachdem er auf dem Reichstag in Worms seine Thesen nicht widerrufen wollte und der Kaiser die Reichsacht über ihn verhängt hatte. Zur Übersetzung riet ihm Philipp Melanchthon bei einem heimlichen Besuch Luthers im Dezember 1521 in Wittenberg.

Seit 1466 hatte es bereits 18 Versuche einer Bibelübersetzung ins Deutsche gegeben. Die von Luther vorgelegte Übersetzung des Neuen Testaments als Teil der Lutherbibel gilt nicht nur als die traditionsreichste deutsche Bibelübersetzung, sondern auch als wichtige Grundlage zur Herausbildung einer deutschen Schriftsprache. Viele bis heute gebräuchliche Begriffe wie Nächstenliebe, Herzenslust, Schandfleck, Lückenbüßer, Lästermaul oder Gewissensbisse lassen sich auf seinen Text zurückführen.

Luther konnte auf der Wartburg für seine Arbeit auf eine lateinische „Vulgata“ sowie eine Ausgabe der zweiten Auflage des Neuen Testaments des Erasmus von Rotterdam aus dem Jahr 1519 zurückgreifen. Letztere bot ihm neben dem griechischen Text auch eine lateinische Übersetzung.

Bereits im September 1522 erschien Luthers Übersetzung des Neuen Testaments in gedruckter Form („Septembertestament“). 1534 folgte die erste komplette Ausgabe der Bibel mit Altem und Neuem Testament. Neben Luther beteiligte sich an der Übertragung des Alten Testaments aus dem Hebräischen und Aramäischen ein ganzes Team von Kollegen vor allem der Wittenberger Universität.

Bis heute ist die Lutherbibel die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) empfohlene Bibelübersetzung für den evangelischen Gottesdienst. Auch in ihrer heutigen Form geht sie auf die Übersetzung Martin Luthers zurück. Allerdings führten im Laufe der Jahrhunderte neue Erkenntnisse im Bereich der Bibelwissenschaften sowie die Entwicklung der deutschen Sprache immer wieder zu Anpassungen der ursprünglichen Fassung.

Zuletzt wurde die Lutherbibel auf Anregung der Deutschen Bibelgesellschaft durch eine EKD-Kommission überarbeitet. Sie erschien zum 500. Reformationsjubiläum als revidierte Lutherbibel. Die Lutherbibel gibt es inzwischen nicht nur als gedrucktes Buch. Sie ist auch als E-Book und Hörbuch sowie als App und Computersoftware verfügbar. Auf der Seite Die-Bibel.de der deutschen Bibelgesellschaft steht der Text der Lutherbibel frei zur Verfügung.

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