14.12.2018
Weniger Thüringer gelten als arm | Zahlen dennoch "alarmierend"
Berlin/Neudietendorf (epd). Trotz eines leichten Rückgangs bleibt die Zahl der in Armut lebenden Thüringer hoch. Noch immer würden etwa 350.000 Menschen im Freistaat als arm gelten, teilte der Paritätische am Donnerstag in Neudietendorf mit. Mit 16,3 Prozent - knapp ein Prozentpunkt weniger als im Vorjahr - liege das Land im bundesweiten Vergleich im Mittelfeld.
Dennoch blieben die Zahlen alarmierend, erklärte der Geschäftsführer des Wohlfahrtsverbandes, Stefan Werner. Die Zahlen sagten auch nichts über die Menschen und ihre Schicksale hinter den Prozenten aus. Genau diese Frage nehme der in Berlin vorgestellte diesjährige Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes in den Blick. Betrachte man die 13,7 Millionen Armen in Deutschland, werde zum Beispiel deutlich, dass erwachsene arme Menschen zumeist einer Erwerbstätigkeit (33,2 Prozent) nachgingen oder eine Rente oder Pension beziehen würden (24,8 Prozent). Lediglich 21 Prozent der einkommensarmen Erwachsenen gingen keiner bezahlten Beschäftigung nach.
Bei den Alleinerziehenden sei auffällig, dass etwa die Hälfte (49,9 Prozent) erwerbstätig seien und rund drei Viertel (75,4 Prozent) über ein mittleres oder hohes Bildungsniveau verfügten. Die Mehrheit der Armutsbetroffenen sei also nicht arbeitslos, resümierte der Paritätische. Ihre Armutslage habe keine individuellen Ursachen, sondern strukturelle; sie resultiere aus einem Mangel an Einkommen.
"Es sind eben nicht nur sogenannte Randgruppen von Armut gefährdet, sondern es ist ein gesamtgesellschaftliches Thema", so Werner. Entsprechend müssten das Verständnis von Armut korrigiert und die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung daran angepasst werden. Der Sozialexperte plädierte für steuerpolitische Maßnahmen und eine ausreichende Existenzsicherung für von Armut betroffene Kinder und Jugendliche im Freistaat. Der Paritätische Thüringen fordere daher, mit politischen Maßnahmen die soziale Ausgrenzung abzubauen, um allen Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, erklärte Werner.
Der Armutsbericht basiert auf regelmäßig und über lange Zeiträume erhobenen Daten. Als arm gilt ein Haushalt, der weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat.
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