15.08.2023
Zeitz erinnert an Selbstverbrennung von Pfarrer Oskar Brüsewitz

Zeitz (epd). Die Stadt Zeitz (Sachsen-Anhalt) und die evangelische Kirchengemeinde erinnern am Freitag an die Selbstverbrennung von Pfarrer Oskar Brüsewitz vor 47 Jahren.

An der Brüsewitz-Stele im Michaeliskirchhof werden um 11.55 Uhr zu Beginn der Gedenkveranstaltung die Glocken läuten, teilte die Stadtverwaltung am Montag mit.

Ortspfarrer Werner Köppen werde die Gedenkveranstaltung eröffnen, im Anschluss könnten alle Anwesenden Blumen niederlegen und Kerzen anzünden, hieß es. Der Zeitzeuge und damalige Pfarrer der Michaeliskirche, Dieter Ziebarth, werde im Anschluss über die Geschehnisse und persönlichen Erfahrungen mit Oskar Brüsewitz sprechen. Auch die jüngste Tochter von Brüsewitz, Pastorin Esther Fröbel, werde vor Ort sein und gemeinsam mit allen Gästen ein Gebet sprechen.

Am 18. August 1976 wollte Brüsewitz mit seiner Aktion gegen die Unterdrückung der Kirchen in der DDR protestieren. Er stellte vor der Zeitzer Michaeliskirche im Stadtzentrum zwei Plakate auf das Dach seines Autos. Mit Sprüchen wie „Funkspruch an alle - Funkspruch an alle - Wir klagen den Kommunismus an wegen Unterdrückung der Kirchen in Schulen an Kindern und Jugendlichen“ machte er seinen Protest gegen die Kirchenpolitik des SED-Regimes deutlich.

Im Anschluss übergoss sich der evangelische Pfarrer mit Benzin und zündete sich an. Obwohl Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit die Aktion schnell beendeten, starb er vier Tage später an seinen Verbrennungen. Bereits ein Jahr später wurde in der Bundesrepublik von der Paneuropa-Union ein Brüsewitz-Zentrum in Bad Oeynhausen gegründet, das die Opposition in der DDR unterstützen sollte.

Zur Person: Oskar Brüsewitz

Zeitz (epd). Oskar Brüsewitz wurde am 30. Mai 1929 im Memelgebiet geboren. In den Kriegswirren floh die Familie nach Melle in Westfalen. Brüsewitz absolvierte eine Schuhmacherlehre.

Seine erste Ehe, aus der eine Tochter hervorging, scheiterte und wurde geschieden. Im Jahre 1954 siedelte Brüsewitz nach Weißenfels in die DDR über. Ein Jahr später, 1955, folgte seine zweite Heirat in Leipzig mit der Krankenschwester Christa Roland. Zwei Töchter wurden geboren.

Ab 1956 wurde Brüsewitz von der Stasi überwacht. In den Jahren 1964 bis 1969 besuchte er die Predigerschule in Erfurt. Anschließend übernahm er die lange vakante Pfarrstelle in Droßdorf-Rippicha im Kreis Zeitz. Anfangs belebte er mit seinen ungewöhnlichen Aktionen und seinem Eifer das Gemeindeleben. Doch die Schwierigkeiten von staatlicher Seite nahmen zu und seine Gottesdienste wurden wieder leerer.

Am 18. August 1976 bat er am Morgen seine Tochter, das Kirchenlied „So nimm denn meine Hände“ zu spielen und fuhr dann nach Zeitz. Vor der Michaeliskirche übergoss er sich aus einer mitgebrachten 20-Liter-Milchkanne mit Benzin und zündete sich an. Vier Tage später, am 22. August 1976, starb Brüsewitz mit 47 Jahren im Krankenhaus in Halle-Döhlau. Am 26. August 1976 wurde er in Rippicha beerdigt.

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