27.10.2017
Begleitet
Das Telefon klingelt: „Sie haben im Radio von Ihrer Zeit als Bausoldat in Prora erzählt. Ich selbst war auch in Prora. Allerdings nicht als Bausoldat, sondern an der Unteroffiziersschule.“
Verblüfft denke ich: Gleich wird er gegen uns Bausoldaten wettern!
Aber er erzählt: Für drei Jahre hat er sich verpflichtet, damit er in die Nähe seiner Eltern kommt. „Ich habe mich halt so durchgewurschtelt durch die DDR-Zeiten. Aber nach der Wende war auch nicht alles Gold.“
„Doch die Bausoldaten, die fand ich bewundernswert!“
„Klar“, sage ich, „mancher hat da ganz schön was riskiert. Als Theologiestudent konnte mir allerdings nicht viel passieren, solange ich den Wehrdienst nicht komplett verweigerte.“
Und denke: An manchen Orten sind Bausoldaten psychisch und physisch bis an den Rand gekommen! Ob er spürt, was das für ein Unrecht war!
Ein Gespräch über Zeitenläufe - und am Ende bin ich überrascht: „Wissen Sie“, sagt er, „mir hat in all den Jahren geholfen, dass ich immer einen guten Begleiter hatte. Das war der Herr Jesus Christ.“
Das gibt es nicht, denke ich. Jesus muss doch über ihn geweint haben, über seine Halbherzigkeit.
Ob er Jesus wirklich nahe gespürt hat?
In unserem Gespräch konnte ich es ihm abnehmen.
Gott ist mit ihm auf dem Weg. Und mit mir. Auch, wenn ich halbherzig bin. Auch, wenn ich mich im Unrecht verstricke.
Danke, Gott, für diesen Anruf.
Hans-Jürgen Kant, Superintendent in Halle