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24.11.2017
Der leere Stuhl

Sein Stuhl war leer geblieben. Jeden Morgen starrte sie auf die Lehne seines Stuhls, aber sein Stuhl blieb leer. So leer wie der Sessel im Wohnzimmer. Denn Albert war nicht mehr da. Eine Ewigkeit ist das jetzt her, sagten die Kinder zu ihr, gar nicht lang ist das her, dachte Erika. Sie erzählte ihm alles, was war.
Dort hatte er gesessen. Das war sein Kopfkissen, das sein Bett. Das war seine Tasse, das war sein Brett. Das war sein Messer, damit schnitt er das Brot. Das war seine Zeitung, darin stand: er ist tot. Der Advent kam und Alberts Stuhl blieb leer. Eine andere Zeit wird nun kommen.
In der Kirche von Mühlbeck bei Bitterfeld gibt’s einen Flügelaltar. Wenn er seine Flügel geschlossen hat, zeigt er sein Alltagsgesicht, einen Engel und eine junge Frau. Und es scheint, dass der Engel, was zu sagen hat. Er steht vor Maria und sagt:
Menschenskind, fürchte dich doch nicht! Denn durch dich kommt die Liebe zur Welt.
Ein Engel, eine Frau, ein Satz.
Schade, dass die Künstler Maria immer nur als junge Frau gemalt haben. Ich glaube, Engel sitzen auch an Erikas Tisch und sagen: Fürchte dich nicht. Durch dich kommt die Liebe zur Welt.
Erikas Engel war der Sohn, war die Tochter, die vor ihr stand. Komm, Mutter, steh auf, fang an! Und Erika fing jeden Tag an.
Immer wieder neu: Gutes Anfangen wünscht Pfarrerin Kristin Jahn, Wittenberg/Altenburg.


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