13.09.2018
Die Neuen
Da sind sie. Im Dorf wurde schon gemunkelt. Der alte Hof an der Hauptstraße sei verkauft worden. Und nun sind sie da. Junge Eltern mit drei schulpflichtigen Kindern. Der Bürgermeister begrüßt die neuen Mitbürger; Keller heißen sie. „Wir würden gern irgendwo mitmachen“, sagt Herr Keller. „Ach, hier gibt‘s doch nichts mehr“, sagt der Bürgermeister und winkt ab, „hin und wieder Gottesdienst in unserer alten Kirche.“ „Na dann“, sagt Herr Keller.
So kommt es, dass Familie Keller an einem Frühsommersonntag im Gottesdienst sitzt. Von den 15 Besuchern sind sie die Jüngsten. Bei einem Kaffee nach dem Gottesdienst spricht die Pfarrerin sie an. Frau Keller lernt junge Frauen aus der Umgebung kennen, sie treffen sich in der Kirche. Die Pfarrerin hat für die Kinder einen Jugendkreis organisiert, es ist viel zu fahren, weil nur wenige Kinder in den anderen Dörfern wohnen. Herr Keller hat noch keine Aufgabe im Dorf gefunden; das alte Haus fordert allerdings auch viel Arbeit. Immerhin helfen ihm die Nachbarn nach Feierabend.
Die Kirchengemeinden hätten keinen Nachwuchs; die Dörfer würden aussterben – höre ich oft. Ja, das stimmt – manchmal. Aber Kellers gibt es immer mehr. Ich habe Hoffnung für die Kirchengemeinden und die Dörfer.
Aus Dessau grüßt
Joachim Liebig