23.02.2024
Druck abbauen
Die Freunde sitzen beim Kaffee um den Tisch herum und reden. Sie haben sich
lange nicht gesehen.
Claudia war letztes Jahr in der Klinik. Wegen Alkohol. Sie beginnt stockend. Alle
merken, dass ihr das jetzt nicht leichtfällt.
Sie habe lange gebraucht, um sich einzugestehen, dass sie abhängig sei. „Ich
dachte immer: ́Ich bin nicht so eine! ́.“ sagt sie.
Es wird still in der Runde. Claudia kämpft mit den Worten.
Sie erzählt, wie sie sich schon als Kind immer angestrengt hat, für Harmonie in ihrem Umfeld zu sorgen.
Wenn sich die Eltern gestritten haben, dann hat sie aufgeräumt, gekocht, eingekauft.
„Wenn ich ihnen im Haushalt alles abnehme, dann streiten die nicht mehr. “ habe sie gedacht.
Und wenn das nicht funktionierte, dann habe sie sich eben noch mehr angestrengt.
Da war sie 8, 10, 12 Jahre alt.
Irgendwann habe sie begonnen, exzessiv Sport zu treiben, um den Druck loszuwerden.
Das war auch eine Sucht, weiß sie heute. Später kam der Alkohol dazu.
Voriges Frühjahr habe sie angetrunken einen Unfall gebaut. Das hat ihr die Augen
geöffnet, und sie hat sich zur Therapie angemeldet.
Sie weiß, dass sie lebenslang süchtig sein wird. Aber sie hat gelernt, besser auf ihre
Grenzen zu achten. Und es gibt Menschen, die sie unterstützen. Die sagen dann
auch schon mal: Claudia, jetzt wird es zu viel. Tritt mal kürzer.
Claudia ist eine tolle Frau. Möge Gott ihr Kraft schenken, dass sie den Kampf gegen
den Alkohol gewinnt.
Pfarrerin Christina Lang, Ev. Kirchengemeinde Naumburg
