08.07.2020
Fleischeslust
„Gott, Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, du Liebhaber des Lebens.“
Ja, so wie die Bibel ihn hier beschreibt, so stelle ich mir Gott auch vor: als Liebhaber des Lebens.
Und dann falle ich in unsere Wirklichkeit zurück: Corona, Tönnies, Westfleisch….
Das Gute an der Misere ist, dass jetzt nach dem Tierwohl auch das Menschenwohl in den Blick kommt. Ich war entsetzt: Da wohnen Beschäftigte mit Werkverträgen zusammengepfercht in Unterkünften. Das klingt wie moderne Sklavenhaltung.
Aber bei aller Empörung über die Zustände und die Firmenleitungen schüttele ich über die Kritik durch die Politiker den Kopf. Das ist doch Doppelmoral!
Weshalb darf Billigfleisch überhaupt angeboten werden? Weshalb darf man bei uns Leute unter diesen Bedingungen beschäftigen und wohnen lassen?
Die Politik beginnt, Mindeststandards für die Tierhaltung festzulegen, wir haben europäische Vorgaben für die Form und Größe von Gurken, aber keine gesetzlichen Bestimmungen für die Unterbringung von Mitarbeitern? Oder man schaut einfach weg und kontrolliert nicht? Das kann doch nicht sein!
Liebhaber des Lebens sein, so, wie es Gott gedacht hat, das klingt nach Zukunft und Respekt und nach Miteinander. Natürlich bin ich da auch selbst als Verbraucherin gefragt: Stichwort Fleischkonsum. Ich bin gern Liebhaberin des Lebens und will es schonen und überlege gleich mal, wie ich das heute umsetzen kann. Aber die Politik, die muss auch etwas dazu tun!
Pfarrerin Christina Lang, Ev. Kirchengemeinde Naumburg