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25.12.2023
Gisela II

Gestern war bei Gisela alles anders als seit 30 Jahren.

Gisela war an Heiligabend einfach in die Kirche gegangen, allein. Zu Hause die versammelte Familie.

Das hatte es schon lange nicht mehr gegeben. Es hatte Gisela gutgetan.

Die Lieder, die Kerzen und auch die Predigt der Pfarrerin.

Ein wenig Anspannung spürte sie, als sie die Haustür aufschloss.

Alle saßen im Wohnzimmer, die Kinder, Schwiegermutter. Helmut, Giselas Mann, hatte den Rotwein geöffnet.

Er stellte das Glas beiseite, stand auf und nahm Gisela in den Arm. „Hättest Du was gesagt, dann wären wir doch mitgekommen“, sagte er. Damit hatte Gisela nicht gerechnet.

Sie erzählte vom Gottesdienst, dann aßen sie, es gab eine Bescherung und es war ein wunderbarer Abend.

Nun ist 1. Weihnachtstag. Gisela ist früh wie immer aufgestanden.

Sie macht sich einen ersten Kaffee und räumt auf. Unerwartet kommt Helmut in die Küche und setzt sich zu ihr.

„Weißt Du“, sagt er, „erst dachte ich gestern, es wäre etwas Schlimmes passiert. Aber Du hast recht, es kann nicht immer alles sein wie früher, wir müssen darüber nachdenken, was wir ändern wollen. Damit hast Du gestern angefangen.“

Und dann sitzen sie zusammen, ein Ehepaar, seit 30 Jahren verheiratet, tief vertraut und doch einander fremd geworden. Jetzt reden sie, erinnern sich. Lachen und sind traurig; denken an ihr früh verstorbenes erstes Kind. 

Weihnachten ändert alles. Ganz unerwartet und wunderbar.

Gisela und Helmut erleben es gerade.

Fröhliche Weihnachten wünscht aus Dessau

Joachim Liebig


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