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03.12.2020
Grab Luthers

Im vergangenen Jahr kamen in Wittenberg Bischöfe und Bischöfinnen aus vielen Teilen der Welt zu einer Konferenz zusammen.

Mit einem Kollegen aus Afrika stand ich am Grab Martin Luthers in der Schlosskirche.

Plötzlich begann er zu weinen. Ich hatte mit Ergriffenheit gerechnet, mit andächtigem Schweigen.

Mit Tränen eines erwachsenen Mannes dagegen nicht.

Erst vor der Kirche konnte er erzählen.

Schon als Jugendlicher war er Christ geworden, hatte sich taufen lassen.

Das war nicht einfach für ihn, so sagte er.

Es gibt eine muslimische Mehrheit in seinem Land; die christlichen Gemeinden haben es schwer.

Dann wurde er Pfarrer und nach langem Dienst Bischof seiner Kirche.

„Immer habe ich von Martin Luther gehört, gelesen und darüber gepredigt“, sagte er mir.

„Aber nun war ich an seinem Grab. Nun weiß ich, was ich bisher nur glauben konnte.“

Offen gestanden, ich war ein wenig neidisch.

Glaube, der so deutlich bestätigt wird, begegnet mir selten.

Ich lerne von meinem afrikanischen Kollegen, meinen Glauben nicht zu kompliziert zu denken.

Ich werde erinnert, dass ich wie ein Kind einfach vertrauen kann.

Ich vertraue auf die alten Texte, die wir zum Beispiel Weihnachten wieder lesen werden. Auch wenn Weihnachten ganz anders werden wird.

Ich vertraue auf die alten Geschichten.

Ein wenig bin ich auch stolz, zu einer Gemeinschaft mit Freunden rund um die Welt zu gehören.

Still lächelnd grüßt aus Dessau

Joachim Liebig


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