09.10.2020
Immer noch Corona
Seit über 8 Monaten beschäftigt uns Corona.
Zu Beginn des Lockdowns waren mein 3-jähriger Enkel und meine Tochter bei mir.
Sie blieben sechs Wochen.
Homeoffice machte es möglich.
Abends sagte er:
Oma, wann guckst du wieder Corona?
Er merkte, wie sehr uns das beschäftigte.
Weil wir gucken mussten – wo müssen wir sorgfältig sein, wo endlich wieder sorglos.
Täglich erlebe ich die unterschiedlichsten Seiten im Umgang.
Da ist einer der ersten Erkrankten.
Monate schon wieder gesund, aber er sagt:
Noch einmal würde ich nicht so offen damit umgehen.
Manch einer behandelt mich bis heute wie einen Aussätzigen.
Das verunsichert mich.
Vor 2000 Jahren wurden die Leprakranken wie Aussätzige behandelt.
Ausgesetzt vor dem Dorf.
Wer Glück hatte, wurde mit etwas Essen versorgt.
Sonst waren sie sich überlassen und durften sich niemandem nähern
Aussätzige eben.
Die wenigen, die gesund werden konnten, mussten erst zum Priester.
Nur er durfte sie quasi gesellschaftsfähig schreiben.
Den wenigsten gelang das.
Für die meisten ein Todesurteil.
Für über ein Millionen Menschen in der Welt ist es Corona schon heute.
Ich sehe auch die egoistischen Leichtsinnigen, die meinen:
Ich stecke mich nicht an und dabei andere infizieren.
Ich sehe voller Traurigkeit die Unsichtbaren, die sich bis heute aus Angst verkriechen in ihren Wohnungen.
Frau K., die nicht einmal einkaufen geht.
Herr D., der seit Monaten nicht mehr draußen war.
Ich wünsche uns, dass wir offen und ehrlich reden können über die Angst und die Vorsicht. Dass wir sorgsam sind, und deswegen auch zwischendrin wieder sorglos werden können. Alles im rechten Maß. Und dass uns keiner verloren geht.
Pfarrerin Renate Höppner aus Magdeburg