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14.10.2019
Meine Schwiegermutter

Meine Schwiegermutter wird 92. Ich kenne sie seit fast 34 Jahren. Sie hat in ihrem Leben viel ertragen:

die Flucht aus Pommern als junge Frau;

dabei eine Verletzung am Bein, die sie lange im Krankenhaus hielt;

ein Neuanfang zunächst fern der Familie;

viel Arbeit, zuletzt der Tod meines Schwiegervaters vor einigen Jahren.

Natürlich gab es Schönes: vier Kinder, sieben Enkel, bald ein erstes Urenkel.

Sie kann eine harte Frau sein: eisern im Urteil; eindeutig in ihrer Meinung.

Die Bibel sagt, wir sollen das Alter ehren. Dabei denke ich gern an altersmilde Menschen mit der Weisheit eines langen Lebens.

So ist meine Schiegermutter nicht. Ich will sie gern ehren und doch komme ich bisweilen an meine Grenzen; ärgere mich und auch sie.   

Dabei müsste ich doch gerade als Pfarrer die Forderungen der Bibel besonders ernst nehmen.

Aber… wenn meine Schwiegermutter ihre Einschätzungen zu Themen der Verwandtschaft und der ganzen Welt gibt, dann naja..

Kurz darauf besinne ich mich und frage mich, warum ich so reagiert habe. Sie ist die Mutter meiner Frau, eine alte Dame und ich müsste mich doch mehr zusammenreißen können. Dann tut es mir leid, ich schäme mich sogar ein wenig und bitte sie um Nachsicht.

Das ist auch biblisch: um Nachsicht bitten, Vergebung erfahren.

Vielleicht ist das Gottes Plan mit meiner Schwiegermutter und mir - Geduld zu üben jedenfalls ist es nicht.

Etwas beschämt grüßt aus Dessau

Joachim Liebig


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