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28.11.2022
Mut von oben

Die Gasse im Njombe ist eng und dunkel. Regen hat die rote Erde schlammig werden lassen. So ist das manchmal – hier in Tansania. Ich will bei einer Straßenhändlerin Tomaten kaufen, die hier duften und nach Sommer schmecken.

Ein kleiner etwa dreijähriger Junge kommt mir entgegen. Er erblickt mich mit meinen blonden Haaren, meiner sehr hellen Haut, stoppt erschrocken und fängt mordsmäßig an zu schreien. Offensichtlich ist er in dieser Straße noch nie einer Weißen begegnet. Als ich ihn streicheln will, schreit er noch lauter, weicht einen Schritt zurück und brüllt: Baba, Baba. Vater!

Ich werde unsicher. Weiß nicht, was ich tun kann. Meine Hautfarbe steht mir im Weg. Nachbarn schauen aus ihren kleinen Häusern. Amüsiert. Manche freuen sich sichtlich, dass es einer Weißen so geht wie ihnen fast überall auf der Welt. Nur andersherum. Verloren und unsicher zwischen Andersfarbigen.

Der Vater kommt hastig angerannt. Pole, sagt er zu mir. Verzeihung. Er bückt sich und nimmt seinen kleinen Sohn beruhigend auf den Arm. Er trocknet ihm die Tränen. Dann kommt er mit dem Kind auf der Schulter langsam auf mich zu. Er streckt mir seine Hand entgegen, eine vertrauenerweckende Männerhand, die ich gern ergreife. Pole, wiederholt er noch einmal. Der Junge ist still geworden. Ich lege ihm vorsichtig meine Hand auf den Kopf und spreche einen Segen in seiner Sprache: Mungu akubariki. Gott segne dich. Asante, sagt der Vater. Danke.

Einen gesegneten Tag auch Ihnen. Mungu akubariki. Gabriele Herbst, Magdeburg.


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