13.09.2021
Schweigen und Gehen
Die neue Arbeitswoche fängt da an, wo die alte stehen geblieben ist. Es tat gut, dass ich am Sonntag lange spazieren war. Wenn ich gehe, ordnet sich so manches in meinen Gedanken und ich kann weiterdenken. Und in der Hochphase der Pandemie, als wir uns wegen der gefährlichen Aerosole nicht mehr in geschlossenen Räumen treffen konnten, habe ich gelernt, dass es gut war, mit anderen Menschen draußen spazieren zu gehen. Unterwegs Richtung Saaleufer und zurück war es gefühlt leichter zuzuhören als im geschlossenen Raum im Büro. Wenn wir uns bewegen, fällt es offensichtlich leichter, auch Schweres auszusprechen; und die Straßengeräusche stören gar nicht. Die Faszination des Pilgerns, manchmal schweigend ohne viele Worte, machen mir dies deutlich.
Die alten und neuen Pilgerwege in Sachsen-Anhalt, der Lutherweg, der Jakobsweg und der Pilgerweg entlang der alten via regia, werden immer beliebter. Unsere Vorfahren haben sich Jahrtausende lang zu Fuß fortbewegt, und erst mit der ersten Eisenbahn begann das Zeitalter der mechanischen Mobilität.
Was aber ist das Besondere am Gehen? Dass mein Körper und mein Geist in Einklang kommen können. Dass ich einen Gedanken zu Ende denke, ohne gleich abgelenkt zu werden. Und am besten mit ausgeschaltetem Handy. Seit dem Spaziergang gestern habe ich einen Ohrwurm, ein Kirchenlied: „Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr, suche den Frieden.“
Diesen Frieden wünscht Johann Schneider, evangelischer Regionalbischof aus Halle