03.04.2019
Verborgener Schmuck
Ich trage einen Ohrstecker im linken Ohr. Aus Silber. Den hat mir meine Frau geschenkt. Sie hatte ihn in einer kleinen Schmuckwerkstatt in Griechenland entdeckt. Das ist nun schon ein paar Jahre her. Auf dem Ohrstecker ist ein Kreuz herausgearbeitet. Ich trage ihn gern. Immer wenn ich dazu Lust habe. Ich trage ihn auch, weil ich Christ bin.
Ich habe schon oft Leute mit Ketten aus Gold und Silber gesehen, mit einem kleinen Kreuz. Viele tragen es nur so. Weil sie es chic finden.
Anna trägt ein Kreuz mit einem kleinen Diamantsplitter. Das hat sie von ihrer Oma. Getauft ist sie nicht. Aber das Kreuz erinnert sie an ihre Oma.
Daniel trägt auch eine Kette. Da hängt ein Stern aus echtem Silber dran. Einen Stern mit sechs Spitzen. Auch chic! Den hat er bekommen als er 13 Jahre alt war. Von seinen Eltern. Er trägt seine Kette gern. Aber meist unter dem T-Shirt. Denn er wurde schon öfter angepöbelt. Nicht weil er als Junge Schmuck trägt - das machen ja viele. Nein, weil es ein Davidsstern ist. Ein jüdisches Zeichen.
„Juden sind doch soundso..., das weiß man ja.“
Ach ja, weiß man das wirklich?
Daniel spielt Fußball, geht zur Schule und mag Musik. Er ist Jude, aber nicht besonders fromm. Er ist weder raffgierig und will auch nicht die Welt beherrschen.
Ich schäme mich für mein Land, wenn man sich hier verstecken muss. Doch ich hoffe sehr, dass Daniel irgendwann seinen Stern offen über dem Tshirt tragen kann. So wie ich mein Kreuz am Ohr. Dass alle sagen:
„Hey chicer Stern!“ Und Daniel dann unbeschwert antwortet:
„Du, dein Kreuz ist aber auch cool!“
Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg