Angedacht - MDR Sachsen-Anhalt

Wenn Steine sprechen

Vor zwei Wochen war ich im Halberstädter Dom! Welch eine Pracht einen empfängt, wenn man durch die Pforten dieses Tempels der hohen Gotik hineingeht. Und dann diese unbeschreibliche Akustik – endlich konnte die evangelische Gemeinde wieder mit den Mönchen von der Huysburg das ökumenische Friedensmahl feiern und wieder gemeinsam singen. Was für ein Klang menschlicher Stimmen! Ein Mensch bräuchte Tage und Wochen, um alle Schätze dieses schönen Gotteshauses zu erkunden – oder man muss einfach öfter in den Dom kommen. Geradezu wohltuend in diesen heißen Tagen in die kühle Kirche einzutreten – und darüber nachzusinnen, wieviel glückliche und traurige Menschen diese Mauern schon gesehen und gehört haben. Ins Auge fiel mir das alte Taufbecken aus Marmor im Westen. In dem übergroßen Becken haben gleich mehrere Kinder Platz; ich sehe, wie Mütter und Ammen die Stufen zum Becken hinaufstiegen und die Neugeborenen vorsichtig ins gewärmte Taufwasser legen und darauf achten, dass ihr Köpfchen trocken bleibt, bis schließlich in einer schwungvollen Bewegung die Kinder dreimal kurz im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes mit ganzem Körper ins Wasser getaucht wurden. Taufen heißt wörtlich ins tiefe Wasser eintauchen, untertauchen – kurze Ganzkörperwäsche voller Neugier und Hoffnung, was aus dem Erdenbürger werden wird. Durch die Taufe sind wir Bürger des Himmels – Himmelskinder mit irdischem Namen, den Gott nie vergisst.

Johann Schneider evangelischer Regionalbischof aus Halle