15.09.2018
Apfelgarten
So voll hingen die Apfelbäume lange nicht. Was für eine Pracht. Und was für eine Lust, einfach hinzugehen, einen Apfel zu pflücken, hineinzubeißen, zu probieren, ob er reif ist. Vielleicht das Gesicht zu verziehen: bah, zu sauer. Oder zu merken: wow, wie süß der schon ist. Das sind Kindheitserinnerungen, außer Sichtweite, am Dorfrand auf Apfelbäume zu klettern.
Das möchte ich mir gönnen: so einmal wieder herumzustreifen, als wäre es das Paradies, wo einem die Früchte in den Mund hängen. Zu schmecken, zu staunen – ohne Plastiktüte und Aufkleber auf jedem Apfel, ohne Angst vor Pestiziden. Einfach so.
„Komm gleich nach dem Sonnenuntergange“,
fordert uns der Dichter Rilke zum Spaziergang auf,
„sieh das Abendgrün des Rasengrunds;
ist es nicht, als hätten wir es lange
angesammelt und erspart in uns,
um es jetzt aus …
neuer Hoffnung, halbvergessnem Freun,
… in Gedanken vor uns hinzustreun
unter Bäume …,
die das Gewicht von hundert Arbeitstagen
in den überfüllten Früchten tragen …“.
Das, was da in unserer Nähe wächst, nachdem wir nur die Hände ausstrecken müssen, wir könnten es als Boten aus dem Paradies verstehen: neue Hoffnung, halbvergessnes Freuen.
Einen schönen Wochenendspaziergang wünscht Ihnen
Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach