12.09.2021
Auf den Schwingen der Orgel
Ehrlich – ich musste als Kind ganz oft weinen, wenn ich sie gehört habe – die Orgel. Meine Mutter musste mit mir aus der Kirche gehen. Denn Orgeln haben mich sehr berührt. Meistens aufgewühlt oder eine tiefe Traurigkeit ausgelöst. Aber vor allem hat mich der Klang überwältigt. Er war mitunter wie ein Gewitter, in dem man steht, ohne sich unter ein Dach flüchten zu können. Quasi direkt in der Gewitterwolke. Blitz und Donner um mich herum.
Dann wieder purer Sonnenschein und eine leichte Frühlingsbrise. Je nachdem, wer auf der Orgelbank saß und was der konnte.
Aber selbst dann durfte man ja nicht laut schluchzen, vor Rührung oder vor Schmerz. So etwas macht man in Kirchen ja leider nicht. Erst überwältigen sie einen und dann soll man auch noch still dasitzen und am Ende gesittet nach Hause gehen. Versteh ich nicht.
Es war viel später, als ich geniale Orgelkonzerte gehört habe, und mich auch besser im Griff hatte – da haben mich Orgeln begeistert. Je größer – desto besser. Auf ihren Schwingen kannst du fliegen.
Im Studium habe ich dann auch selbst auf der Orgelbank gesessen. Das war groß. Aber ich habe eingesehen, dass es eher die Gabe anderer ist.
Heute ist der Deutsche Orgeltag. Es möge in vielen Kirchen klingen und anrühren, die ganze Palette an Gefühlen ansprechen. Und – bitte – Weinen möge erlaubt sein! Ach ja – und Spaß übrigens auch. Zum Beispiel heute Abend auf dem Erfurter Hauptbahnhof, beim Konzert für Orgel und Dampflok.
Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche