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12.08.2023
Bloß keinen Scheinfrieden

So, so sinnlos, schimpft sie. So unfassbar sinnlos! Da ist sie nun schon alt und grau und die Menschheit hat nichts dazugelernt. Jeden Tag in den Nachrichten: Drohne abgeschossen hier, Bombe eingeschlagen da. Der Krieg in der Ukraine greift ihr ans Herz.
Vor dem Supermarkt stehen sie und diskutieren.
Zwei Ukrainerinnen mit ihren Kindern hatten sie im Dorf aufgenommen. Beide sind mittlerweile wieder zurück in die Heimat, auch wenn da noch Krieg ist. Alle dachten: Man muss doch irgendwas machen. Aber es ist alles so sinnlos, sagt sie.
„Kann sich die Ukraine nicht einfach ergeben?“ fragt die alte Dame. „Dann wäre wenigstens Schluss.“ – „Auf keinen Fall!“ sagen die anderen. „Dann würde Putin nächstes Mal noch einen Schritt weitergehen. Und überhaupt.“ Das sei, wie wenn man einer Frau, die dauernd vergewaltigt wird, sagt: „Halte einfach still, dann ist schneller Schluss.“
Auf gar keinen Fall. Das dürfe nicht sein. Niemals!
Es entspinnt sich eine heftige Diskussion.
Am Sonntag sitzen sie in der Kirche. Die Pfarrerin liest alte Verse. Von Gerechtigkeit und Frieden ist da die Rede, und dass sie nur zusammen kommen können. Kein Frieden ohne Gerechtigkeit. Erst wenn die Opfer wieder zu ihrem Recht kommen, wenn die Täter bestraft sind, wenn alle sagen: Jetzt ist es ausgeglichen, dann kann Ruhe einkehren. Irgendwann folgt der Frieden auf barfüßigen Sohlen. Vorher nicht. Scheinfrieden ist kein Frieden.
Sie seufzen in den Bankreihen. Das Bild nehmen sie mit:
Gerechtigkeit und Frieden – die müssen so eng sein, wie ein Liebespaar beim Küssen.

Behutsam, zugewandt. Anders wird es nicht.
Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche


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