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29.05.2021
Goldrichtig

Als das mit dem Impfen losging, waren zunächst die Heimbewohner dran. Sie fand das goldrichtrig. Sie hatte noch die Bilder aus dem Pflegeheim in Wolfsburg im Kopf, wo 45 Menschen gestorben waren.

Als die über 80-jährigen dran waren, freute sie sich mit. Die betagten Schwiegereltern waren glücklich, die Spritze zu bekommen. Die rüstigen alten Herrschaften konnten nun wieder selbstständig einkaufen gehen. Das brachte Abwechslung ins Seniorenleben, und auch ihr, der Schwiegertochter, Erleichterung – sie musste sie jetzt nicht mehr zweimal wöchentlich die Besorgungen mit erledigen. Das hat sie zwar gern getan, aber Aufwand war es schon.

Dann kam die Stufe drei – alle über 60 sowie die chronisch Kranken. Da war auch ihre Tochter dabei. Es ist so gut, sich keine Sorgen mehr in dieser Hinsicht um die junge Frau machen zu müssen, die ihre fiese Erkrankung seit Jahren so tapfer trägt.

Doch nun spürt sie, dass auch sie gern mal an der Reihe wäre. Im Sommer will sie nach Italien. Sie steht auf einer Warteliste.

Sie kann warten. Solidarität ist ihr ein hohes Gut. Endlich klappt es in der Gesellschaft mal so herum. Nicht: Reiche first, Wichtigtuer first. Sondern Alte und Kranke zuerst. Jetzt bitte nicht drängeln, denkt sie sich. So viel Geduld haben wir doch, oder?

Das will sie mitnehmen für hinterher: Wir konnten solidarisch sein.

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche.


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