30.06.2018
Meine Heimat hat keine Postleitzahl
Wenn alles klappt, bin ich morgen im Garten meiner Eltern. Im Garten meiner Kindheit. Da, wo ich groß geworden bin. Wie ich mich kenne, werde ich mich erst mal satt essen an Kirschen und Johannisbeeren. „Nimm dir nur“, wird meine Mutter sagen. Und mein Vater wird sich freuen, wenn ich in seinem Garten ernte, was er angebaut hat. Ich lasse mir erzählen, was es Neues im Dorf gibt. Was der kleine Nachbarsjunge so anstellt. Ob die alte Katze vom Hof schräg gegenüber immer noch vorbeischaut. Wie es in der Kirchgemeinde geht, wo das Dorf doch jetzt keinen eigenen Pastor mehr hat. Und wenn ich am Abend ins Bett falle, werde ich schlafen, wie ich nur dort schlafe. Ob es das ist, was Zuhause meint? Oder Heimat? Ist das der Ort, wo ich groß geworden bin? Aber zu Hause bin ich jetzt eigentlich woanders. Dort, wo mein Mann und meine Tochter sind. Wo wir wohnen, leben und arbeiten. Dieser Ort aber hat sich immer mal wieder geändert. Wenn ich es recht bedenke, dann ist mein Zuhause immer dort, wo Menschen sind, mit denen ich verbunden bin. Eigentlich ist es gar kein bestimmter Ort mit Postleitzahl und so. Sondern mehr ein gefühlter Ort. Und Heimat - für mich ist das nicht der Ort, aus dem ich komme. Sondern der Ort, auf den ich zugehe. Wo der auf mich wartet, der mein Leben lang an meiner Seite ist. Der schon da war, bevor ich da war. Und da sein wird, wenn ich mich schon lange nicht mehr satt esse an Kirschen und Johannisbeeren.
Einen behüteten Tag wünscht Ihnen Kristina Kühnbaum-Schmidt, Regionalbischöfin der evangelischen Kirche in Meiningen.