Augenblick mal, MDR, Radio, Radio-Andacht, Radio-Andachten, Radioandacht, Radioandachten,

19.07.2023
Über den Berg der Verzweiflung

Die Beine brennen, die Sonne sticht. Der Berg predigt Verzweiflung. Heute geht es rauf nach Courchevel über den Col de la Loze. Eine Königsetappe bei der Tour de France. Beim Schlussanstieg geht einem nach dem anderen die Puste aus. Manchmal sieht man es vorher in den Augen. Verzweiflung legt sich in den Blick – und man bleibt zurück. Wobei: Man darf nie vergessen, allein würde keiner übern Berg kommen. Da gibt‘s Leute im Hintergrund, die berechnen genau, wann muss gegessen werden und getrunken. Man braucht ein Medizinstudium. Es gibt Mechaniker und die PR aber vor allem die anderen Teammitglieder, darunter die Wasserträger und die Edelhelfer. Fahrer, die stellen sich in den Dienst der anderen. Das Gelbe Trikot dürstet. Ohne Wasserträger – keine Chance. Und dann die Fans am Straßenrand, die schreien dich ein paar Meter höher. Das Team erhöht die Täler, und es erniedrigt Berge und Hügel. Ach, Frankreich. Nach Ausschreitungen und Plünderungen liefert die Tour wieder schöne Bilder. Trotzdem frage ich mich: Was für ein Team haben die Jugendlichen in den Vorstädten? Wer räumt für sie die Berge der Verzweiflung weg? Und erhöht die Täler? Da bräuchte es viele, vom studierten Edelhelfer bis zum Wasserträger. Vorbilder und Fans. Allein ist der Weg zu weit, wenn es rausgehen soll aus der Banlieue. Wer ruft ihnen zu: „Bleib dran!“ wenn die Blicke mutlos werden. Wann lernen wir: Integration ist unser gemeinsamer Berg. Und jeder kann eine Rolle übernehmen, um ihn zu besiegen.

Gregor Heidbrink, evangelisch aus Apolda


Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem Laufenden.

Hier Abonnieren

Die besten News per E-Mail - 1x pro Monat - Jederzeit kündbar