12.04.2017
Von der Faust zur offenen Hand
Letzte Woche war ich in einem Seminar und am Ende bittet die Moderatorin zum Feedback, also wie uns das hier nun gefallen hat, will sie wissen. Sie spreizt die fünf Finger ihrer Hand und meint, jeder Finger stehe für einen Aspekt:
Der kleine Finger, der Kurze, steht für alles, was kurz gekommen ist. Der Ringfinger, an dem Menschen ihre Eheringe tragen, ist für alles da, was uns berührt hat. Der Mittelfinger, der, wenn wir ihn strecken, um Stinkefinger wird, steht im wahrsten Sinne des Wortes für das, was uns genervt hat. Der Zeigefinger, das ist ja sein Job, weist hin auf etwas, das nicht bedacht wurde. Und schließlich der Daumen, den sollen wir nach oben strecken und sagen, was uns gefallen hat.
Ich dachte, wow, das ist genial. Wie oft, wenn uns jemand oder etwas stört, ballen wir die Faust in der Hosentasche oder knallen sie sogar auf den Tisch. Aber ob wir damit dem Menschen oder der Situation, um die es geht, gerecht werden? Wie wäre es, sich anzugewöhnen, die Hand zu öffnen und dann die einzelnen Finger durchgehen: Hey, das kommt mir zu kurz. Dann der Ringfinger: Du nervst mich zwar gerade tierisch, aber irgendwie kann ich dich trotzdem leiden. Dann der Mittelfinger und wir sagen, was uns ankotzt. Dann noch den Zeigefinger, weil es immer etwas gibt, das wir nicht bedacht haben. Und schließlich gibt es bestimmt auch etwas, das gut ist – zwischen uns.
So werden wir vielleicht gerechter urteilen. Nur die Hand, die geöffnet ist, kann man einem anderen reichen.
Einen guten Tag wünscht
Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.