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21.09.2023
Zuhören

Eigentlich sollte es ein nettes Kaffeetrinken sein. Doch Karin schimpft sofort los. Sie fühlt sich abgehängt. Über 40 Jahre hat sie gearbeitet, sich krumm gemacht, aber nie viel verdient. Die Rente, die sie dafür erhält, ist mehr eine Überlebensbeihilfe. Große Sprünge sind nicht drin.

Das macht sie wütend. Lautstark schimpft sie auf die, die – wie sie sagt - alles vorne und hinten rein geblasen kriegen. Die Bürgergeldempfänger, die Flüchtlinge. Und die da oben – reden nur, aber tun nichts.

Ihr Gemeindepfarrer, Ralf, sitzt auf ihrem Sofa und hört ihr lange zu. Er hatte sich zum Geburtstagsbesuch angemeldet. Ihm ist ungemütlich. Viel Wut schlägt ihm entgegen. Auch auf die Kirche. „Ihr macht doch auch nichts. Ihr redet von Nächstenliebe, aber wer kümmert sich um mich?“

„Ich,“ sagt Ralf schlicht. „Ich höre zu.“

Karin wird still. „Stimmt,“ sagt sie nach längerem Schweigen. „Aber die anderen hören nicht zu.“

Vielleicht, denkt Ralf beim Weggehen, ist das ja einer der Schlüssel. Zuhören. Ernst nehmen. Im Kontakt bleiben. Auch wenn das schwerfällt. Und die Wut groß ist. Nicht immer berechtigt vielleicht. Trotzdem.

Zuhören – bei Einzelnen und bei vielen. Beiden Seiten zuhören. Ist sicher nicht die Lösung. Aber ein nötiger Schritt auf dem Weg.

Meint Cornelia Biesecke aus Eisenach, evangelische Kirche


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