25.01.2022
All-Ein

In Thüringen sind knapp 500.000 Menschen alleinstehend. So wie Hanno. Er hat einen erwachsenen Sohn und ist seit langem geschieden. Ein paarmal hatte er eine Partnerin, aber keine feste Lebensgemeinschaft. Deshalb gilt er als alleinstehend, das Wort mag Hanno aber nicht. Es klingt als würde ich auf einem Bein stehen, sagt er, irgendwo von allen verlassen. So ist es aber nicht. Hanno hat andere Menschen um sich herum. Er unterrichtet an einer Berufsschule, das kostet zwar Nerven, aber meist macht er es gern. Am Wochenende fährt er Motorrad mit seinen Kumpels – nicht mehr so oft wie früher. Dafür geht er ab und zu in Konzerte oder ins Kino. Wenn ihn dort jemand abschätzig anschaut, weil er alleine da sitzt, stört Hanno das nicht besonders. Mir quatscht wenigstens keiner rein, sagt er. Durch Hanno hat das Wort „allein“ für mich einen weiteren Klang bekommen. Es setzt sich zusammen aus all- und aus -ein. Hanno hat alles, was er braucht in einem, in sich selbst; er ist alles-in-einem, all-ein. Allein heißt bei ihm nicht nur einsam, sondern auch, dass es da einer schafft, sich selbst irgendwie genug zu sein. Das klappt manchmal gut und an anderen Tagen gar nicht. Vor allem für sich selbst kochen ist schwer. Aber immer Fertiggerichte, gleich aus der Dose – da übermannt einen erst recht Einsamkeit, hat Hanno gemerkt. Besser, man gibt sich auch mal Mühe für sich. Ich bewundere Hanno für seine Kraft. Und wünsche allen etwas davon, die einsam sind. Ob Sie das glauben können oder nicht, Gott ist an Ihrer Seite.

Gute Nacht wünscht Ihnen Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach


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