09.10.2017
Der Duft nach Hoffnung

„Die Heilige Schrift ist ein Kräutlein; je mehr du es reibst, desto mehr duftet es.“
Immer, wenn sie im Herbst den getrockneten Lavendel in die bunten Baumwoll-Säckchen stopft, fällt ihr dieses Lutherwort ein.

Die Heilige Schrift – ein Kräutlein… Sie reibt noch mal an den blauen Blüten. Zieht den Duft ein. Lächelt.

Sie kennt ja beide ziemlich gut. Die Kräuter in ihrem Garten. Und die Bibel auf ihrem Nachtschrank. Sie weiß gar nicht, was ihr lieber ist, was sie mehr braucht. Beides gehört zu ihrem Leben dazu.

Wie oft hat sie zwischen Rosmarin und Salbei gehockt und Unkraut gezupft… Wie oft wollte Lisa einen Löffel von dem Thymian- Sirup, auch wenn der Husten schon vorbei war… Und was wäre ihre berühmte Nudelsuppe ohne frisch-gehackte Petersilie!

Manche Seiten in ihren Kräuterbüchern hat sie so oft gelesen, dass sie sie auswendig kennt. Das waren Tage, an denen sie nicht besonders gut drauf war. In dem Jahr, als Christoph gegangen ist, hat sie Unmengen Johanniskraut-Tee getrunken. Gehofft, dass das den Liebeskummer wegspült irgendwann…

Auch ihre Bibel hat sie in solchen Tagen besonders gebraucht. Beim Lesen vor dem Einschlafen etwas gesucht, was tröstet. Irgendwas, was nach Hoffnung duftet und nach Glück.

Sie hat dabei keine Wunder erlebt. Manchmal hat sie lange am Schrift-Kräutlein gerieben und konnte mit der Lektüre nichts anfangen. Aber sie hat gelernt, weiter zu suchen. Ihre Sehnsucht ernst zu nehmen.

Eine gute Nacht mit zartem Hoffnungsduft
wünscht Angela Fuhrmann,
evangelische Pfarrerin in Gotha


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