12.04.2022
Guten Morgen
Morgen für Morgen steht Natalia in diesen Tagen in Weimar vor der Klasse.
Sie steht vor 30 Frauen aus der Ukraine.
Sie lernen deutsch.
Von „Guten Tag“ bis „Vielen Dank“!
Für die Frauen aus der Ukraine ist das eine konkrete Hilfe für den Alltag.
Ein Wegweiser für ihr Leben in einem neuen Land.
Aber es ist auch schwer.
Noch einmal ganz von vorn beginnen.
Ein Leben in der Fremde aufbauen.
Keine von ihnen hatte das vor einem halben Jahr auf dem Schirm.
Keine der Frauen weiß, wo sie in einem halben Jahr sein wird.
Der Krieg hat den Frauen nicht nur die Heimat und die Familie,
sondern auch die Sprache geraubt.
Natalia, die Deutschlehrerin, ist eine von ihnen.
Vor drei Wochen ist sie selbst aus der Ukraine geflohen.
In Kiew war sie Dekanin an der Universität.
Jetzt nimmt sie in Weimar ihr Schicksal in die Hand.
Der Unterricht hilft ihr, etwas Halt zu finden.
Endlich etwas tun gegen die Ohnmacht, die sie bedrückt.
Und durch sie finden die Frauen buchstäblich ihre Sprache zurück.
Mit jedem Wort werden die Frauen ein Stück selbstständiger.
Ihr Leben bekommt wieder eine Richtung.
Sicher, es ist noch ein weiter Weg.
Aber der Deutschunterricht von Natalia ist ein kleiner Anfang.
Gott, achte gut auf Natalia und die kleinen Anfänge.
Lass mit der Sprache die Hoffnung wachsen unter den Frauen
Und unter uns allen.
Betet Pfarrer Ramón Seliger, evangelisch und aus Weimar