28.11.2018
Hart, aber herzlich

Neulich war ich als Lehrer mit einer Schulklasse zu Besuch in der Moschee in Weimar. Die muslimische Gemeinde hatte uns eingeladen und die Schülerinnen und Schüler waren gespannt. Niemand von ihnen hatte vorher eine Moschee von innen gesehen. Kaum eine hatte bisher Kontakt zu Muslimen. Aber eine Menge Fragen und Vorurteile. Die Bilder in den Köpfen, sie wirken.

Die Schülerinnen und Schüler waren wunderbar frech und mutig. Sie fassten sich ein Herz: Warum tragt ihr Kopftücher? Warum ist Sex vor der Ehe nicht erlaubt? Wo ist der Unterschied zwischen Islam und Islamismus? Es ging zur Sache. Hart, aber herzlich. Die kritischen Fragen wurden nicht ausgespart. Und der Imam hat Tee ausgeschenkt und geduldig geantwortet. Und manchmal war auch er sprachlos.

Am Ende haben längst nicht alle Antworten überzeugt. Und einig waren wir uns auch nicht alle. Ganz im Gegenteil. Aber am Ende blieb der Eindruck: So könnte es vielleicht gehen. Nicht übereinander reden, sondern miteinander. Die eigenen Geschichten erzählen und die der anderen hören. Sich ein eigenes Urteil bilden und dann lernen damit umzugehen, dass wir verschieden sind. Das geht immer noch am besten, wenn ich den anderen direkt fragen kann. Und dabei lerne ich:

Religion kann nicht nur mir Heimat und Orientierung schenken. Vertrauen und Hoffnung. Am Ende – so bin ich überzeugt – ist vielleicht die Religion, ist der christliche und der muslimische Glaube nicht Teil des Problems, sondern ein Teil der Lösung. Darauf setze ich und suche weiterhin das Gespräch.

Eine gute Nacht wünscht Pfarrer Ramón Seliger, evangelisch aus Weimar

 


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