02.07.2020
Heute ist es das Seelische

Neulich sitze ich bei einer Familie am Mittagstisch. Sie sprechen über den Krankheitsbefund des Sohnes, Ende 30 ist er – Bandscheibenvorfall. „Dafür bist Du zu jung“, sagte sein Vater. „Sowas hat man frühestens mit 50.“ Die Schwiegertochter schüttelt den Kopf: „Das kommt doch nicht erst ab einem bestimmten Alter. Tinnitus habe ich, seit ich Anfang 20 bin.“ Der Vater schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch, die Enkel gucken ihn an. „Ihr mit Euren Wehwehchen!“, ruft er. „Wir haben früher auch Kinder großgezogen, wir mussten auch zur Arbeit, zuhause hatten wir die Mutter zu pflegen. Heute ist alles einfacher, aber der Herr Sohnemann klappt zusammen.“ Seine Frau sagt nur einen einzigen Satz: „Früher war das Leben körperlich schwerer, heute ist es eben das Seelische.“ So kann man es auch sehen: Vieles war schwer in früheren Zeiten. Heute ist das Leben aber auch nicht nur leicht. Im Gegenteil, das meiste ist komplizierter geworden. Berufsleben, Kindererziehung, überall gibt es mehr zu bedenken, mehr zu entscheiden. Das strengt an. Da können die Zivilisationskrankheiten schonmal schneller kommen.
„Du bist zu jung dafür“, wird in der Bibel zum Hirtenjungen David gesagt, als er gegen den Riesenkrieger Goliath kämpfen will. Es scheint aussichtslos. Aber David gewinnt den Kampf. Er hört auf sein Herz. Und: Er traut Gott etwas zu. Beides ist in jedem Alter möglich. Kraft für Ihre Seele, wünscht Ihnen Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach.


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