01.04.2022
Nie zu spät für die Liebe
Zweimal schon hatte sie es probiert. Hatte bei ihm geklingelt. Wollte ihn einladen. Zum spontanen Kaffeekränzchen. Und einmal zu einer fröhlichen Runde unter alten Kollegen. Aber er hatte nicht aufgemacht. War er wirklich nicht da? Oder hat er sie kommen sehen und nicht geöffnet? Schämte er sich? Oder kann er sie nicht leiden? Mutlos war sie gegangen.
So viele Jahre kannten sie sich. Nachdem erst ihr Mann, und später dann seine Frau gestorben waren, hatten sie sich nur hin und wieder gesehen. Mal beim Einkaufen, mal so auf der Straße. Sie mochte ihn schon immer. Wenn sie ehrlich sein soll, schon seit der Schule. So lange Zeit. Und sie hatte Hoffnung, dass es vielleicht doch noch irgendwie klappen kann.
Gut, sie waren beide nicht die Jüngsten. Hatten Enkel, und bei ihr ist sogar das erste Urenkelchen auf dem Weg. Da macht man keine großen Geschichten mehr. Aber ein bisschen Liebe ist doch gut für jedes Herz. Dachte sie. Aber er schien das nicht zu sehen.
Oder doch? Wackelte da doch die Gardine?
Vor ihrem Wohnblock blüht die Kirsche. Der Frühling ist da. Der kennt kein Alter. Es hört einfach nicht auf. Gott will, dass das Leben weitergeht. Dass auf Winter der Frühling kommt. Und dass Du nicht allein bleibst. So sagt sie es sich heimlich. Es ist nie zu spät für die Liebe. Spricht‘s und schickt eine Kusshand auf die Reise – hin zu seinem Fenster. Sein Herz möge es hören und sich öffnen. Wie eine Knospe in der warmen Frühlingssonne.
Mit einem Lächeln könnte es beginnen.
Nur Mut, Manfred!
Wünscht Ulrike Greim aus Weimar.