15.10.2019
Orient und Okzident
Gottes ist der Orient!
Gottes ist der Okzident!
Nord und südliches Gelände
ruht im Frieden seiner Hände.
So schreibt es Goethe im „West-östlichen Divan“, dieser Gedichtsammlung, die vor 200 Jahren erschienen ist.
Ich habe diesen Vers zum ersten Mal auf einer Landkarte gelesen. Da war ich Kind und besuchte meine Großeltern. In ihrem Haus hing diese große, besondere Landkarte an der Wand. Sie zeigte Deutschland in den Grenzen von 1937. Und dann eben dieser Vers, in verschnörkelter alter Schrift, die ich als Kind mühsam entzifferte.
Ich kannte schon die Begriffe Orient und Okzident und lernte, meine kleine Heimat einzuordnen auf der großen Karte. Ich staunte, welche Grenzen Deutschland einmal gehabt hatte und begriff, dass sich manches verändert. Mir in meiner Heimat in der DDR waren andere Grenzen gesetzt.
Als Goethe den „West-östliche Divan“ schrieb, war er der persischen Dichtung begegnet und fühlte sich dem Dichter Hafiz dort verbunden. Er wusste, dass Ost und West nicht zu trennen sind. Und dass Gott uns im Westen und auch den Osten in seinen Händen hält.
Wir sind heute weltweit vernetzt und entdecken zugleich, wie wichtig unsere eigene Kultur ist. Befehlen wir doch Ost und West, Nord und Süd in den Frieden von Gottes Händen, so wie es Goethe einst anregte.
Dann haben wir alle eine gute Nacht. Die wünscht ihnen Pastorin Katarina Schubert von der evangelischen Kirche in Kamsdorf.