03.12.2024
Plötzlich bei den Ruderern

Sommertag. Das Frühstück im Freien hat geschmeckt; auf dem Tisch noch ein paar Trauben. Um den Tisch eine vergnügte Gesellschaft: Frauen in Kleidern unter Hüten mit Blüten und Schleifen; Männer in Sportkleidung. Ruderer müssen es sein. Denn so heißt das beschriebene Bild: Frühstück der Ruderer. Renoir hat es gemalt; heute vor hundertfünf Jahren ist er gestorben.

Zu Lebzeiten war seine Kunst gefährdet. Die Fotografie stellte die Malerei in Frage. Denn so haargenau wie ein Foto konnte kein Maler die Wirklichkeit zeigen. Die Impressionisten – Renoir war einer von ihnen – versuchten es deshalb anders: die Welt nicht zu malen, wie sie ist. Sondern wie man sie wahrnimmt, als flüchtigen Moment.

Deshalb gibt’s bei den Impressionisten kurze, sichtbare Pinselstriche, deshalb alltägliche Szenen statt Geschichts- oder Bibelfiguren. Die wurden traditionell möglichst perfekt abgebildet, auf glatter Oberfläche und im Studiolicht.

Die Impressionisten dagegen waren oft draußen, wollten dort das Licht einfangen und die Stimmung des gemalten Moments.

Renoir schaffte das wunderbar: Bei seinem Ruderfrühstück kann man sich in verschiedene Stimmungen hineinversetzen. Ein Mann schaut in die Ferne über den Fluss; folgt man seinem Blick – durch die raschelnden Gräser am Uferrand – sieht man wasserwärts schaukelnde Segelschiffe. Wenn man sich darauf einlässt, führt einen das Bild über die eigene Wirklichkeit weg, in eine neue hinein. Große Kunst! Wer sich Zeit dafür nimmt, sieht mehr von der Welt.

Probieren Sie’s doch mal wieder, empfiehlt Milina Reichardt-Hahn, evangelisch + Pfarrerin in Fambach


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