30.08.2021
Recht haben wollen

Wir haben die Lage falsch eingeschätzt.“, sagen die einen hilflos. „Rücktritt“ rufen die anderen. Und dritte wollen den Riegel vorschieben, nur die aufnehmen, die für die deutsche Bundeswehr gearbeitet haben. Die Erregung schlägt hohe Wellen.

Zugegeben, auch ich frage mich, warum ist das in Afghanistan so schief gegangen? Was hätte anders laufen müssen? Und suche nach Antworten.

Traurig macht mich aber, dass wieder viel über die Menschen dort und wenig mit ihnen geredet wird. Es geht um Wahlkampf und wirtschaftliche Interessen und Recht-haben-wollen.

„An dem Ort, an dem wir recht haben,

werden niemals Blumen wachsen

im Frühjahr.

Der Ort, an dem wir recht haben,

ist zertrampelt und hart wie ein Hof.

Zweifel und Liebe aber lockern die Welt auf.“

So heißt es in einem Gedicht von Jehuda Amichai, israelischer Dichter und Anwalt.

Seine Worte rühren mich an. Ich sehe auf mich. Auch ich bin anfällig für schnelle Urteile.  Hauptsache, ich habe recht. Zweifel und Liebe ersticken dann. Und alles wird hart. Dabei brauchen wir Zweifel und Liebe so dringend.

Denn wer zweifelt, fragt nach, sucht das Gespräch, weiß, dass gute Lösungen nur gemeinsam gefunden werden. Und wer liebt? Der sieht im Anderen das, was verbindet.

Und dann – so dichtet Jehuda Amichai –

„Wird ein Flüstern hörbar

An dem Ort, wo das Haus stand,

das zerstört wurde.“

Vielleicht können wir es in dieser Nacht schon hören, hofft Dorothee Land, evangelisch und aus Erfurt.


Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem Laufenden.

Hier Abonnieren

Die besten News per E-Mail - 1x pro Monat - Jederzeit kündbar