21.02.2022
Ruhe nach dem Sturm

Sie wirft den nassen Mantel über einen Stuhl und lässt sich gleich im Dunkeln in den roten Sessel fallen: So was!

Hier in der Wohnung ist es ruhig. Aber in ihr drin wirbeln die Gedanken noch durcheinander:
Alles war doch vorbereitet! Sie hatte sich so auf die Reise gefreut!


Doch dann die Bilder im Handy, die Sturm-Warnung, die Durchsagen auf dem Bahnhof, welche Züge ausfallen müssen...
Und gleichzeitig das Hin und Her in ihrem Kopf... sie war ja noch nie besonders entscheidungsfreudig gewesen... 

Sie lauscht nach draußen: Wie der Sturm pfeift und der Regen mit jeder Windböe an die Scheiben trommelt, ganz außer sich.
Wer oder was ist das, der/die/das meine Pläne so durchkreuzt?  Sturmtief Antonia? Oder menschengemachte Klima-Veränderungen?

Oder dieser ganz Andere, Größere, zu dem sie als Kind gebetet hat? Und auch später manchmal, wenn sie nicht weiter wusste in stürmischen Zeiten... damals, als es mit Thomas nicht mehr weiterging... und sie die gemeinsamen Pläne über den Haufen werfen musste...

Und wenn es dieser Andere, Größere ist: Was will er ihr sagen?
Nachdenklich geht sie in die Küche und kocht sich einen Pott Tee. Zündet dann die dicke Kerze an, die seit dem Geburtstag noch auf dem Tisch steht.

Das Kerzenlicht, der heiße Tee – sie kommt langsam zur Ruhe. Sie weiß nicht, ob das Beten ist, aber sie denkt an alle, die jetzt unterwegs sind... Sie denkt an Thomas und an alle, die in einem Lebens-Sturmtief stecken... Und sie ist dankbar für den Neuanfang, der ihr damals geschenkt wurde.  Und ja: Halte mich in deiner Hand, du Herr über Wind und Sturm!    

Eine ruhige Nacht
wünscht Angela Fuhrmann, ev. Pfarrerin in Gotha


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