11.02.2019
Vergoldete Bruchstellen

Einen Augenblick nicht aufgepasst. Kurz mit den Gedanken woanders gewesen. Zack, da liegt die Schüssel auf dem Boden. Der Teppich hat den Aufprall noch etwas gedämpft. Trotzdem ist sie in mehrere Teile zersprungen. Noch zu DDR-Zeiten hatte ich sie erstanden, als es diese besondere Keramik noch nicht überall gab. Ein Schatz. Drei Umzüge hat sie heil überstanden Und jetzt? Zusammenfegen und in den Müll?

Der Zeitgeist sagt: Kaputt – weg damit – neu kaufen. Das geht schnell und ist gut fürs Geschäft. Das stimmt, aber in diesem Fall kann ich das nicht.

Ich hatte gehört von einer besonderen Weise, mit Zerbrochenem umzugehen.

Kintsugi heißt diese Technik. Mit Goldpaste wird Zerbrochenes wieder zusammengefügt. Wird wieder heil. Die Bruchstellen bleiben sichtbar. Glänzen dann aber golden. Das fand ich reizvoll und habe es probiert, habe Stück für Stück die Schüssel wieder zusammengesetzt. Nun steht sie wieder da. Ich kann sie wieder füllen.

Für mich ein Sinnbild für Erfahrungen, die jeder und jede im Leben macht: Manchmal zerbricht etwas. Eine Liebe, ein Vorhaben, ein Traum. Am liebsten will ich es ungeschehen machen. Es wegtun in die unterste Schublade meiner Erinnerungen und nie hinsehen müssen.

Aber Gott spricht: „Ich will dich wieder gesund machen und deine Wunden heilen.“

Was gebrochen ist, fügt er wieder zusammen. Er kann mit seiner goldenen Fürsorge und Kraft verbinden, wo ich schon keine Chance mehr sehe. So bin ich wieder ganz. Bereit, neu gefüllt zu werden.

Bruchstellen vergolden. Gott kann so was, glaubt in dieser Nacht Pfarrerin Dorothee Land, evangelisch und aus Erfurt.


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