23.01.2024
Wahre Größe

Der kleine Junge steht vor der Gruppe Zuhörer.

Er hält ein Mikrofon in der Hand.

Jetzt schaut er in die Runde.

Es war bei einer Feier in der Schule zum Erntedankfest.

Die Schülerinnen und Schüler der Grundschule präsentierten vor Eltern und Großeltern,

was sie in den zurückliegenden Wochen gelernt hatten.

Experimente wurden vorgeführt,

Gedichte vorgetragen.

Matheaufgaben wurden gelöst und Lieder gesungen.

Jetzt ist der kleine Junge mit seinem Beitrag an der Reihe.

Mit dem Mikrofon in der Hand steht er vor den stolzen Eltern und Großeltern.

Er schaut in die Runde.

Er stockt. Pause.

Dann sagt er:

„Ich kann das nicht.

Ich hab‘ Angst.“

Mir stockt der Atem.

Ein starker Auftritt.

Ein kleiner Junge, der über seine Angst sprechen kann.

Das beeindruckt mich sehr.

Mir gelingt das oft nicht.

Über meine Ängste zu reden und darüber, was ich nicht kann.

Ich will mich nicht schwach und verletzlich zeigen.

Dabei könnte das viel verändern.

Wer um seine eigenen Grenzen weiß,

der kann auch anderen nachsichtig begegnen.

Innehalten, statt auf andere zu schimpfen.
Barmherzigkeit kann wachsen,

bei anderen und bei mir selbst.

Blicken wir barmherzig auf uns und andere wünscht sich Pfarrer Ramón Seliger, evangelisch und aus Weimar.


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