Unabhängig, verlässlich und verschwiegen: Seelsorge in der Polizei
Polizistinnen und Polizisten müssen Gefahren abwehren, Straftaten verfolgen, Ordnungswidrigkeiten ahnden und präventiv tätig sein. Dazu sind sie mit weitreichenden Handlungsrechten ausgestattet und dürfen in Umsetzung des staatlichen Gewaltmonopols auch legitime Gewalt ausüben. Dabei gibt es Einsätze, die Polizistinnen und Polizisten körperlich und seelisch stark belasten.
Polizeiseelsorgende begleiten Polizeibeamtinnen und -beamte sowie zivile Angestellte der Polizei in ihrem Dienstalltag. Besonders wichtig ist die seelsorgliche Begleitung in und nach kritischen Einsätzen, zum Beispiel wenn Kinder betroffen sind, Waffen angewendet werden müssen oder Menschen zu Tode kommen. Auch für Angehörige der Einsatzkräfte ist die Polizeiseelsorge ansprechbar. Auf Wunsch stehen die Seelsorgenden zudem für Taufen, Hochzeiten und Bestattungen von Polizeiangehörigen zur Verfügung oder gestalten Gottesdienste und Gedenkfeiern zu polizeilichen Anlässen. Als psychosoziale Fachkräfte sind sie Mitglieder im Kriseninterventionsteam der Polizei.
Die Polizeiseelsorge ist eine konkrete Form christlicher und kirchlicher Mitverantwortung für den demokratischen Rechtsstaat. Polizei und Kirche sind politisch neutral und ergreifen immer Partei für jene, die Schutz und Hilfe brauchen und deren Grundrechte gefährdet sind. Dies geschieht nicht nur durch seelsorgliche Begleitung, sondern auch durch Werteorientierung und Bildung: In der Regel gestalten die Polizeiseelsorgenden den berufsethischen Unterricht in der Ausbildung und im Studium mit. Außerdem bieten sie verschiedenste Fortbildungsseminare für Polizistinnen und Polizisten an. Häufig übernehmen die Seelsorgenden auch die Supervision in sensiblen Einsatzbereichen.
In der Seelsorge kann alles zur Sprache kommen, was einem Menschen auf dem Herzen liegt – private wie dienstliche Anliegen. In den meisten Gesprächen der Polizeiseelsorge geht es um den Berufsalltag: von der Zusammenarbeit in den Dienstgruppen oder Spannungen mit Vorgesetzten über Beurteilungssituationen und Fragen der Karriereplanung bis hin zu Stress, Überforderung und besonders belastende Einsätze. Im Dienstzusammenhang entstehen auch immer wieder ethische Fragen, etwa zum Einsatz von Gewalt bzw. Gewalterfahrungen oder zum Umgang mit Schuld. Auch unsachgemäße Kritik und Beschimpfungen, permanente Beobachtung und die Veröffentlichung von selektiven Einsatzszenen in den sozialen Medien können besprochen werden. Darüber hinaus bietet die Seelsorge einen Raum für gesellschaftspolitische Themen wie Antisemitismus und Diskriminierung.
Die Polizeiseelsorgenden der EKM sind Pfarrerinnen und Pfarrer, die eine Fortbildung für die Polizeiseelsorge durchlaufen haben. Sie kennen die Besonderheiten des Polizeidienstes und sind innerhalb der Polizei sehr gut vernetzt. Die Seelsorgenden stehen jedoch außerhalb der polizeilichen Hierarchie und sind gegenüber polizeilichen Vorgesetzten weder berichts- noch rechenschaftspflichtig. Als Pfarrerinnen und Pfarrer sind sie vielmehr zu seelsorglicher Verschwiegenheit und zur Wahrung des Beichtgeheimnisses verpflichtet. Während für Polizeiangehörige das Legalitätsprinzip gilt, also jede Kenntnis von einer (möglichen) strafbaren Handlung zur Anzeige gebracht werden muss, haben die Seelsorgenden ein Zeugnisverweigerungsrecht. Polizeiseelsorgende sind deshalb gerade in dienstlichen Konfliktsituationen und bei Strafverfolgung im Amt vertrauliche Ansprechpersonen für Polizistinnen und Polizisten.
Die Polizeiseelsorge ist durch Vereinbarungen der einzelnen Bundesländer mit den Kirchen geregelt. Grundsätzlich sind Polizeiseelsorgende für die Dienststellen und Behörden der Landespolizei sowie die zugehörigen Bereiche im Innenministerium des jeweiligen Bundeslandes zuständig. Da die EKM jedoch Gebiete von vier Bundesländern umfasst, ergeben sich regionale Unterschiede:
Für die Bereiche von Brandenburg und Sachsen, die zur EKM gehören, übernehmen die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen die Polizeiseelsorge.
In Sachsen-Anhalt sind vier Pfarrpersonen der EKM mit insgesamt 1,75 Stellenanteilen für die Polizeiseelsorge beauftragt. In Thüringen gibt es einen Landespolizeipfarrer mit einem Stellenanteil von 75% für die Polizeiseelsorge sowie sechs Pfarrpersonen, die nebenamtlich in der Polizeiseelsorge tätig sind. Sowohl Thüringen als auch Sachsen-Anhalt finanzieren den berufsethischen Unterricht und stellen für die Seelsorge Räume und Sachmaterialien zur Verfügung. Die Seelsorge selbst wird vom Land Sachsen-Anhalt nicht refinanziert, das Bundesland Thüringen zahlt dafür einen Sockelbetrag.
Die Seelsorgenden der EKM sind in den Dienstalltag der Polizei eingebunden und sind Teil der polizeilichen Kriseninterventionsteams. Neben der Einsatzbegleitung sind sie regelmäßig in den Dienststellen präsent oder besuchen Menschen auf Wunsch auch im privaten Kontext. Die Arbeit der Polizeiseelsorge wird durch einen Polizeiseelsorgebeirat begleitet, der aus Mitgliedern aller Polizeibehörden und -einrichtungen sowie des Innenministeriums besteht.
Kontakt
Landespolizeipfarrerin des Landes Sachsen-Anhalt
Beauftragte für Notfallseelsorge
Katja Vesting
– derzeit nicht im Dienst –
Vertretung Landespolizeipfarrerin des Landes Sachsen-Anhalt
Polizeipfarrerin Constanze Greiner
Mobile 0176 80 83 49 16
constanze.greiner@gmx.net
https://www.psnv-sachsen-anhalt.de/
Landespfarrer für Polizei- und Notfallseelsorge
im Freistaat Thüringen
Ulrich Matthias Spengler
Schubertstraße 12
99423 Weimar
Fon 03643-8775316
Mobile: 0172 47 67 077
ulrich-matthias.spengler@ekmd.de
Die Kontaktdaten weiterer Seelsorgerinnen und Seelsorger sind im Intranet der Polizei abrufbar.